Die Spanier*innen haben laut einer jüngst durchgeführten Studie von ING FTI Consumer Research zum Thema „Sustainable consumer spending“ ein sehr gesundes Bewusstsein für Nachhaltigkeit im täglichen Leben. 65 % aller Befragten sind bereit, ihr Konsumverhalten zugunsten der Verbesserung der Umweltbedingungen zu verändern. Jede*r zweite von drei Befragten würde Produkte, die mit umweltschädlichen Materialien erzeugt bzw. die die Umwelt nachweislich schädigen, nicht mehr kaufen. 90 % der Befragten geben an, dass sie bereits bewusst etwas zur Veränderung und Verbesserung der Umwelt beitragen. Dennoch geben 70 % an, dass die Hauptverantwortung, was die Kommunikation über Nachhaltigkeit betrifft, bei den Regierungen liegt. Das Bewusstsein der Menschen im Sinne der Nachhaltigkeit kann laut Ergebnis der Umfrage nur über konkrete Konzepte, die vom Staat gefördert und ausgerollt werden, weiter vertieft werden. Damit zielt die Aussage klar auf die Reduktion der Energiegewinnung aus Kohle und die globale und faire Förderung aller Alternativenergien bzw. den vereinfachten Vertrieb von E-Autos.
90 % der Befragten trennen bewusst und fast täglich ihren Hausmüll und 71 % versuchen proaktiv, den Lebensmittelmüll über gezieltes und nachhaltiges Führen von Einkaufslisten zu reduzieren. (Quelle: Revista infoRETAIL, 2021)
Die spanische Regierung strebt seit der Rio+20-Konferenz unter dem Dach der Vereinten Nationen die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung, die sogenannte „Agenda 2030“, an. Der Fokus wird in den 19 Autonomien mit Unterstützung der Zentralregierung auf folgende Punkte gelegt (Quelle: Ministerio de transicion ecologica):
Über 30 Modemarken produzieren und vertreiben Ware, die zu 100 % aus nachhaltigen Materialen hergestellt wurde. Ecoalf ist einer der Marktführer auf Expansionskurs. Ecoalf produziert z. B Anoraks aus Fischernetzen oder Sneaker aus Meeresmüll.
Eines der größten Textilunternehmen der Welt, Inditex (weltgrößter Textilhersteller: Zara, Bershka, Massimo Dutti, Oysho etc.), setzt auf Produktionen mit einem hohen Anteil aus wiederverwertbaren Materialen.
Die Lebensmittelkette Ametller Origen (ebenfalls auf Expansionskurs) verkauft zu 95 % Produkte aus der umliegenden Region bzw. aus ökologischer Landwirtschaft.
Spanien arbeitet hart an der Umsetzung und effizienten Sichtbarkeit von Nachhaltigkeit in der Hotellerie. Kriterien wie die Verarbeitung von Null-Kilometer-Lebensmitteln, Solarenergie, nachhaltige Materialen für den Hotelbau, Radverleih, öffentliche Verkehrsmittel u. v. a. m. müssen erfüllt werden, um entweder Umweltförderungen zu erhalten oder/und im Katalog der umweltschonenden Hotelbetriebe aufgelistet zu werden. Beispiel: www.hotelese-sostenibles-espana
Die Spanier*innen legen Wert auf nachhaltige Themen und Punkte beim Planen einer Reise wie nachhaltige Mobilität, Reisebüros mit Kenntnissen über die Nachhaltigkeit im Zielland etc.
Spanien hat bis 2030 noch viele Hausaufgaben zu machen, kann aber bis dato einige gute Beispiele sowohl aus dem urbanen wie aus dem Küstenbereich liefern. Die Zentralregierung ist bemüht, ein politisches Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Interessengruppen aus der Wirtschaft und Industrie zu halten. Förderprojekte laufen und bekommen medial ausreichend Platz. Jüngstes Beispiel: die vorläufige Absage des Ausbaus des Flughafens Barcelonas aus ökologischen Gründen, was wirtschaftlich gesehen verheerende Folgen für Katalonien und Barcelona mit sich bringen wird.
Der Trend zur Nachhaltigkeit ist in der jungen Bevölkerung besser verankert als in der Altersgruppe 50 plus. Dennoch sind Bewegungen wie „Fridays for Future“ nicht so populär wie in anderen europäischen Ländern. Die Spanier*innen sind keine Umweltaktivist*innen, sondern sehen Nachhaltigkeit als globale und gemeinsame Aufgabe, welche von der Regierung gesteuert, vorgelebt, betrieben und vor allem mit ausreichend finanziellen Mitteln vorangetrieben werden muss.