Interview Jakob Falkner

Jakob Falkner - der Alpenpionier

Jakob Falkner, Geschäftsführer der Bergbahnen Sölden, hat sich mit spektakulären Erlebnisinszenierungen einen Namen gemacht. Was ihn antreibt und was er in seiner 30-jährigen Karriere dazugelernt hat, darüber hat Sabina König für das bu//etin mit ihm gesprochen.

bu//etin: Ihr Vater hat den Wintertourismus in Sölden aufgebaut. Was waren die wichtigsten Dinge, die Sie von ihm gelernt haben?

Falkner: Handschlagqualität. Was man ausmacht, muss man halten. Aber auch, den Fokus auf die richtigen Dinge zu lenken. Und das klare Bekenntnis zur Qualität: „Was wir machen, machen wir g’scheit“, sagen wir immer. Außerdem war er ja viel auf Reisen und hat immer gemeint: „Dümmer bin ich nie zurückgekommen.“ Alle Erfahrungen, auch die schlechten, bringen einen weiter. Das habe ich auch so erlebt.

Wie unterscheiden sich die heutigen Herausforderungen des alpinen Tourismus von damals?

Die Grundregel ist immer gleich geblieben: Geld verdienen und wieder investieren. Nur ist die Zeit wesentlich schnelllebiger geworden und die Lebenszyklen kürzer. Und der Wettbewerb hat sich natürlich verschärft. Mein Vater hatte damals andere Probleme: etwa an Geld zu kommen, um die riesigen Investitionen zu stemmen. Ein Vorteil war, dass die Leute nach vorne geschaut haben und ein Wille zur Veränderung da war. Heute haben wir das Problem der Saturiertheit, der Zufriedenheit. Und vom Bürokratismus möchte ich gar nicht reden. Verhandlungen damals und heute, da liegen Welten dazwischen. Auch Marketing hat es damals noch kaum gegeben. Mein Vater hat diese Aufgaben mir überlassen. Dabei durfte ich viel ausprobieren und auch Fehler machen, um voranzukommen.

Aus welchen Fehlern haben Sie gelernt?

Ich war vielleicht manchmal zu schnell und zu direkt, im Laufe der Jahre bin ich, glaube ich, gelassener geworden. Fehler macht man immer wieder. Wichtig ist, dass man daraus lernt und sie nicht wiederholt. Hier können wir von den USA lernen, wo es eine ganz andere Fehlerkultur gibt. In den USA haben viele erfolgreiche Leute ein oder zwei Konkurse hinter sich. Sie haben Erfahrung gesammelt und sind schlauer geworden.

Was waren Ihre größten Erfolge?

Die letzten 20 Jahre waren sehr intensiv. Wir haben die Verbindung vom Skigebiet zum Gletscher geschaffen, ein wichtiger Schritt. Und in jüngerer Zeit James Bond, die Erlebniswelt 007 Elements, auf die ich sehr stolz bin. Man erinnert sich mehr an diese speziellen Projekte. Darüber hinaus gibt es natürlich jede Menge weitere Errungenschaften: Wir haben ja nach wie vor die zwei leistungsstärksten Zubringerbahnen Österreichs, das ist ein wesentliches Qualitätsmerkmal. Auch das Ice-Q-Restaurant, das uns zum James-Bond-Schauplatz verholfen hat, ist eine absolute Besonderheit. Außerdem gab es im Marketing zahlreiche Meilensteine: etwa das Weltcup-Opening, das heuer sein 25-jähriges Jubiläum feiert, und „Hannibal“, das Schauspiel am Gletscher. Vielfach kopiert wurden auch die „Big 3“, unsere drei Aussichtsplattformen in 3.000 Meter Höhe.

Wo waren Sie besonders herausgefordert?

„007 Elements“ war aufgrund der Lage auf 3.000 Metern eine riesige Herausforderung. Hier hatten wir es mit Permafrost zu tun, mussten erst in den Berg hinein und ihn dann wieder aufschütten. Das war besonders spannend. Eine menschliche Herausforderung war das Helikopterunglück im Jahr 2005 (Anm.: Im September 2005 starben neun Wintersportler infolge eines Gondelabsturzes. Auslöser war ein Betonkübel, der von einem Helikopter auf die Gondel gefallen war.) Auch wenn wir nichts dafürkonnten, waren wir international im Fokus. Ich habe zwei Tage lang nur Interviews gegeben, das war schon eine schwierige Angelegenheit.

Wie viel Inszenierung braucht der Bergtourismus – gibt es Grenzen und wo liegen diese?

Inszenierungen müssen grundsätzlich nicht sein, das hängt von der Positionierung ab. Sölden steht eben für Sport und Unterhaltung. Das hilft bei der Differenzierung und Vermarktung, denn schöne Berge gibt es überall. Und am Ende des Tages müssen die Menschen im Tal gut davon leben können. Aber natürlich gibt es Grenzen. Selbst in der tourismusintensivsten Gemeinde Österreichs haben wir viel unberührte Natur. Wer abseits touristischer Pfade unterwegs sein möchte, wird bei uns reichlich fündig. Wir nutzen ja nur einen Bruchteil der Fläche intensiv für den Tourismus, und den müssen wir eben genau auf unsere Kunden abstimmen.

Was treibt Sie dazu an, stets nach neuen Superlativen zu streben?

Es geht mir gar nicht so um die Superlative. Entscheidend sind die Positionierung und die Differenzierung. Wenn ein Projekt gelingt und für das Geschäft hilfreich ist, treibt mich das an. Die touristischen Basics wie hochwertige Dienstleistungen sind unglaublich wichtig, ohne die geht es nicht. Darüber hinaus brauchen wir aber Alleinstellungsmerkmale. Letztendlich ist es auch das Lob des Kunden, das mir Freude macht.

Wie gehen Sie mit Kritik um?

Grundsätzlich glaube ich, dass ehrliche Kritik sehr wertvoll ist, weil wir daraus lernen und uns korrigieren können. Wichtig ist, dass es nicht persönlich wird. Ich war vielleicht manchmal zu emotional.

Wie sieht Ihre Vision für den alpinen Tourismus von morgen aus?

Dienstleistung, Innovation, Qualität werden weiterhin die wichtigsten Grundsätze sein. Das Thema Mitarbeiter wird uns auch stark beschäftigen. Gerade in einer Welt, wo sich die Technologie so rasch entwickelt, wird die menschliche Komponente, die persönliche Ansprache immer wichtiger. Österreich ist fantastisch, wir sind aber nicht das größte Land und können nicht Everybody’s Darling sein. Ich glaube, es wird in Zukunft noch wichtiger werden, ein scharfes Profil zu zeigen.

Sind die Berge für Sie „nur“ Arbeitsplatz oder auch Erholungsraum?

Die Berge sind für mich absolut auch ein Kraftplatz, den ich sehr schätze. Im Winter bin ich ständig auf Skiern unterwegs, privat und beruflich. Wenn ich Ärger im Büro habe und ich fahre an einem strahlenden Tag auf den Berg hinauf, dann geht der Frust schnell weg. Ich nehme mir immer vor, mehr zu wandern. Noch ist es mir nicht gelungen, aber die Hoffnung stirbt zuletzt.