Die Revolution der digitalen Assistenten im Tourismus

ITB Kongress: Die Revolution der digitalen Assistenten im Tourismus

Alexa, Google Home und Co. sind bald nicht mehr aus unserem Alltag wegzudenken. Wie die digitalen Helferlein aber den Tourismus beeinflussen werden, das hat Florian Bauhuber, Geschäftsführer von Tourismuszukunft, bei seinem Vortrag auf der ITB erklärt.

Ein Beitrag von Birgit Hartmann, Brand Management, ÖW Wien

Die neuen digitalen Mitbewohner

Sie wecken uns, helfen bei der Tagesplanung, rufen den Pizzaservice, regulieren das Licht im Haus oder spielen unsere Lieblingsplaylist: Digitale Sprachassistenten, wie Alexa oder Google Home, werden in jede denkbare Alltagssituation integriert, um diese zu erleichtern. Vor allem in den USA oder Großbritannien ziehen die digitalen Assistenten immer häufiger in die Wohnzimmer ein.

Sprachassistenten: Gekommen um zu bleiben

Siri oder Google Assistant waren wohl die ersten Sprachassistenten am Markt. Den Durchbruch hat aber Alexa geschafft. Mit ihrem „Plattformgedanken“ ist sie nicht an ein bestimmtes Device geknüpft, sondern kann in jedem Alltagsgegenstand stecken. Eine Kooperation von Alexa mit BMW ermöglicht es etwa, dass man künftig auch im Auto Alexas Dienste in Anspruch nehmen kann. Praktisch – immerhin werden im Jahr 2020 etwa 30-50 % der Sprachsuchen über technische Assistenten laufen. Alexa bleibt also zentraler Akteur. Durch sie fand ein Paradigmenwechsel statt, wie damals, als das iPhone die Digitale Welt revolutionierte: Es ändert sich durch Alexa die soziotechnische Konstellation. Ohne die Tätigkeit zu unterbrechen oder ein Gerät in die Hand zu nehmen, kann man Alexa etwa nach dem Rezept fragen, während den Kochlöffel schwingt.

Personalisiertes Gästeservice in den Hotels

Digitale Assistenten finden vor allem in Hotels unzählige Einsatzgebiete – etwa mit „Smart Hotel“ oder „HelloGuest“. Gäste können mit personalisierter Ansprache tagesaktuelle Hotelinfos und Tipps zu Aktivitäten in der Region abrufen oder Lampen und Rollläden steuern. Da die Devices mehrsprachig sind, ist ein Service gegeben, der – aufgrund von Sprachbarrieren – mit menschlichem Personal vielleicht nicht möglich wäre.

Mit Skills hoch über die Wolken?

Möchte man billige Flüge oder Hotels mittels Sprachassistenten finden, stößt man auf Skills wie „swoodoo“. Aber buchen Menschen wirklich einen Flug anhand vorgelesener Suchergebnisse? Viele Anbieter lösen das Problem, indem sie die User mittels Code vom Skill auf die Website lenken, wo der User weitere Informationen bezieht. Die Sprachassistenten dienen oft nur als Brücke zum herkömmlichen Service.

Destinations-Skills: Nutzen vs. Herausforderungen

Im deutschsprachigen Raum gibt es 126 touristische Skills. Auch Destinationen wie die Lüneburger Heide, Dresden, Seefeld oder Wörthersee sind bereits auf den digitalen Zug aufgesprungen und haben einen regionalen Skill entwickelt. Dieser ermöglicht es Gästen, bereits von daheim aus Informationen über die Destination einzuholen und auch vor Ort rund um die Uhr Tipps zu Aktivitäten und Veranstaltungen zu erhalten.

Für den User spielen Skills und Actions vor allem in der Inspirationsphase eine wichtige Rolle. Aber auch bei der Recherche, Planung oder der Anreise können sie hilfreich sein. Trotzdem sind diese nicht ganz hürdenfrei. Die Nutzung von Destinations-Skills ist sogar ziemlich komplex. Die erste Herausforderung liegt im Finden und Herunterladen des Skills. Der User muss wissen, wie er den Skill startet und welche Fragen er ihm stellen kann, z.B.: „Alexa, frage ´Visit Wörthersee´, welche Veranstaltungen am Wochenende in der Region stattfinden“. Die Challenge ist, dass der Kunde nicht weiß, welche Fragen er stellen kann – also welcher Content für den Skill aufbereitet wurde. Oft bleiben Fragen unbeantwortet. Also warum soll er sich die Mühe machen und die Skills oder Actions installieren, um touristische Info zu bekommen? Sind Alexa-Skills künftig überhaupt der richtige Weg und können diese die Kundenbedürfnisse befriedigen?

Einfach das Leben vereinfachen

Laut einer PWC-Umfrage verwenden Menschen digitale Assistenten primär, um sich das Leben zu vereinfachen. Sie sehen die Vorteile von Sprachsteuerung hier:

  • schneller Zugang zu Informationen
  • Sprachsteuerung statt Tastatureingabe
  • viele Anwendungsbereiche in einem Gerät
  • Zeitersparnis –> funktioniert, während man andere Dinge erledigt
  • Erinnerung an Termine oder die Einkaufsliste
  • Die Antwort erfolgt gesprochen und nicht am Bildschirm
  • Spracherkennung aus weiter Entfernung
  • Lernendes System: Gerät erkennt immer schneller die Vorlieben und Anforderungen
  • Delegieren von Aufgaben an das Gerät
  • Smart Home: leichte Steuerung der Haustechnik

Für den User ist es also vornehmlich wichtig, sich durch digitale Assistenten das Leben zu erleichtern. Er will „Simplicity“ – das betrifft auch die Bedienung des Gerätes. Für den Gast – aber auch für den touristischen Anbieter – ist es also wünschenswert, wenn Informationen direkt über Alexa ausgespielt werden und nicht erst über einen Skill. Bereits bei den Apps hat man gesehen, dass dieser „Zwischenschritt“ eine Einbahnstraße ist.

Die Erwartungshaltung des Users ist eine native künstliche Intelligenz: Der Sprachassistent soll alle Fragen verstehen und zufriedenstellend beantworten. Als Grundvoraussetzung dafür ist aber, dass der Sprachassistent auf sämtliche relevante Daten des touristischen Akteurs zurückgreifen kann, um sie dem Endkunden auszuspielen.

Linked Open Data mit dem 5-Stufen-Modell

Tim Berners-Lee, Erfinder des World Wide Webs und Initiator von Linked Data, hat ein 5-Stufen-Modell für „Open Data“ (Offene Daten) vorgeschlagen. Auf Stufe 4 stellt man bereits – etwa auf schema.org – Suchmaschinen Information strukturiert zur Verfügung. Auf der fünften Stufe „Linked open Data“ sollen Daten künftig so aufbereitet werden, dass sie mit existierenden Graphen bzw. anderen Open-Data-Projekten verknüpft und so auch kanal- und plattformunabhängig ausgespielt werden können. So ist es auch Sprachassistenten möglich, diese Informationen zu interpretieren und für ihre eigenen Dienste heranzuziehen.  

Linked Open Data ist die Zukunft

Bauhuber identifiziert „Linked Open Data“ somit als nächsten zentralen digitalen Entwicklungsschritt im Tourismus. Die Inhalte werden künftig nicht für einen Ausgabekanal aufbereitet, sondern für unterschiedliche Zwecke: Kanalübergreifendes Denken anstatt Datensilos.
Mit gutem Beispiel geht SalzburgerLand voran. Anstatt eines Skills haben sie Daten mit existenten offenen Daten verknüpft und so für Sprachassistenten zugänglich gemacht. Auch Thüringen, Südtirol oder Frankreich haben schon begonnen, die Datenbanken auf Stufe 5 umzustellen, um Daten kanalunabhängig zur Verfügung zu stellen. In einem zentralen „Open Data Portal“ sind diese in eine Webarchitektur integriert und digitale Assistenten können sich die nötigen Informationen ziehen.

Mit der Öffnung der Daten sind aber nicht nur Vorteile, sondern auch Herausforderungen verbunden – vor allem bei Nutzungsrechten oder Medieneinkäufen. Verfolgt man diese Strategie, wird das auch Auswirkungen auf ganze Geschäftsmodelle haben. Derzeit sind nur etwa 5-10 % der touristischen Akteure auf „Stufe 4“ und erst 0,1 % auf „Stufe 5“. Es ist aber nur eine Frage der Zeit, bis alle ihre Daten öffnen und kanalunabhängig ausspielen.