Die Rolle der DMO in Zeiten der Digitalisierung

Die Rolle der DMO in Zeiten der Digitalisierung

Touristen werden immer unabhängiger: Sie buchen und beziehen Informationen einfach übers Smartphone. Aber welche Rolle bleibt einer DMO (Destinationsmanagementorganisation) und wie kann sie die Digitalisierung für sich nutzen?

Ein Beitrag von Birgit Hartmann, Brand Management, ÖW Wien

„Nur etwa 1-1,5% der Touristen besuchen vor Ort eine DMO “ - mit diesem Statement machte Doug Lansky, International Tourism Thought Leader und Reisejournalist bei seinem Vortrag „Das Ende der DMO?“ das Publikum auf der ITB hellhörig und neugierig auf die Antwort auf die oben gestellte Frage.

Content muss einzigartig sein.

In Zeiten der voranschreitenden Digitalisierung holen sich Touristen Informationen zu ihrer Reisedestination einfach online. Dabei beziehen sie diese oft nicht einmal von der offiziellen Tourismus-Website: Googelt man etwa nach „New York“ erscheinen auf Seite eins zwar „Lonely Planet“, „TripAdvisor“ und Co.
Die offizielle DMO-Website taucht aber erst auf Seite zwei auf. Bei so vielen Content-Produzenten braucht die offizielle Tourismusseite also einen USP, um nach vorne zu rücken: Content, den die anderen nicht haben…

Auf welche Daten ist Verlass?

Gutes Marketing belegt man mit Daten – wie der Klickrate. Doch ist diese wirklich aussagekräftig für gutes Marketing einer DMO? Klickt ein User etwa auf Facebook auf einen Link, bleibt ein Pixel am Handy gespeichert – später ist es leicht nachvollziehbar, ob er tatsächlich in die Destination gefahren ist. Im Schnitt besuchen von 1.000 Usern, die auf eine Werbeeinschaltung klicken, nur knapp drei Leute tatsächlich die Destination.

Wie hoch sind die Ausgaben und Einnahmen durch Touristen?

Im Städteurlaub konsumieren Touristen mehr als beim Wandern und lassen so mehr Geld in der Reisedestination. Nun muss man abwiegen, wieviel Geld in Werbung investiert wurde und wieviel Profit in die Region zurückfließt. Das gilt auch in Anbetracht der Unterkünfte: Buchen Gäste über booking.com, verliert die Destination bis zu 20 % – bei Airbnb sind es sogar 0-94 % - je nachdem, wo die Unterkunft versteuert wird. Umgekehrt kosten Touristen einer Region Geld: Die Stadt Berlin besuchen etwa 31 Mio Leute pro Jahr, die auch Müll produzieren und Wasser sowie Strom verbrauchen. Das kostet der Stadt 1,5 Mio € pro Tag -  im Jahr ist das über eine halbe Milliarde Euro, die nicht der Bevölkerung zugute kommt.   

Tourismus muss gemanagt werden.

Ein gutes allumfassendes Management ist also das A und O, um so viel Profit wie möglich in der Region zu behalten – vor allem in Zeiten von Homesharing und Massentourismus. Die Probleme, die Overtourism produziert, führt Lansky auf Fehlmanagement zurück: Denn Flugzeuge und Tourenbusse befördern unkontrolliert Besucher in die Stadt, egal, ob die Kapazitätsgrenze erreicht ist. Eine künftige Smart Destination soll eine Realtime-Grafik haben, in der die aktuelle Auslastung angezeigt wird – unterteilt in Hotels, die Top5 Attraktionen oder Parkplätze. Zudem soll auch die jeweilige Obergrenze dargestellt werden, um zu sehen, wann das Fass voll ist. Diese Grenzen sollten aufeinander abgestimmt sein.

Die DMO soll die Stadt mitgestalten.

Es ist somit unumgänglich, touristische Bedürfnisse künftig in die Stadtplanung zu integrieren und der DMO Einfluss auf die Stadtplanung zuzusprechen. In einer beratenden Funktion kann sie auf Bedürfnisse, Herausforderungen und Gefahren des (Massen-)Tourismus aufmerksam machen. Das wäre nicht nur sinnvoll, sondern auch fair - immerhin steuert der Tourismus einen großen Teil zum BIP bei. Dabei reicht es nicht, nur auf die Fastfoodketten in den Stadtzentren aufmerksam zu machen, die die Authentizität einer Region gefährden. Es gilt, aktiv zu werden! Wegen fehlendem Ressourcenmanagement investierte die DMO von Guam, eine Insel im westlichen Pazifik, etwa ein Drittel des Marketingbudgets zum Saubermachen.

Mit starken Partnerschaften zur starken Marke.

Oft werden Bilder einzelner Attraktionen, wie Safaris oder Eisbungalows, zum viralen Selbstläufer. Fotos vom finnischen Eis-Hotel haben eine organische Reichweite von 7,4 Billionen generiert - das entspricht einem Werbewert von 127,5 Mio Euro. Allerdings ist der Erfolg nicht auf die DMO zurückzuführen, sondern auf das Produkt an sich. Aufgabe einer DMO ist es auch nicht, tolle Produkte zu kreieren, sondern vielmehr diese miteinander zu verbinden.

-> Eine DMO muss gute Partnerschaften eingehen, ein Netzwerk formen und so eine starke Destinationsmarke aufbauen!

Die Attraktionen einer Destination sollen gegenseitig aufeinander einzahlen und voneinander profitieren. Besondere Produkte können aber zum Zugpferd und Markenkern werden. Am besten eignen sich Nischenprodukte – wie die Eisbungalows – als Basis einer starken Marke. Andere Attraktionen des Netzwerks stehen dann zwar nicht mehr im Fokus, profitieren aber dennoch mit. Denn, selbst wenn die Gäste wegen dem Eishotel kommen, werden sie andere Dienstleistungen und Freizeitangebote trotzdem in Anspruch nehmen. Insofern gilt es, durch ein ausgeklügeltes und abgestimmtes Netzwerk, die ganze Destination zu stärken. 

Vernetzung auf der gesamten Linie

Das attraktionsübergreifende Teamwork soll sich durch das gesamte Marketing einer Destination ziehen. Auf der DMO-Website kann durch das breite Dienstleistungsangebot einmaliger Content produziert und so Traffic generiert werden – was die Website der DMO ggf. wieder auf Seite eins der Google-Suche katapultiert. Nur wenn sich alle Akteure gegenseitig unterstützen, ist man auch als Destination stark.

Die Produkte des Destinations-Netzwerks müssen digital aufeinander abgestimmt sein: Hat man etwa mit einer einzigen digitalen Karte Zutritt zu allen Infrastrukturen, ermöglicht es dem Touristen einen einfachen und unkomplizierten Urlaub in der Destination.

Disneyworld als Vorbild für digitale Integration

Disneyworld ist hier mit gutem Beispiel vorangegangen: mit einem integrierten Armband, das der Gast während seines gesamten Aufenthaltes trägt. Dieses eine Tool funktioniert als Zimmerschlüssel, Zahlungsmittel, Parkeintritt, PhotoPass und FastPass.

Tourismus der Zukunft

Doug Lanskys  Version nach, wird Tourismus in fünf bis zehn Jahren ähnlich funktionieren. Denn künftig werden Gäste mit nur einem allumfassenden Tool zu jeder Infrastruktur Zugang haben. Dies könnte so aussehen:

  • Im Flughafenzug mit mobilem Barcode einchecken und in die Stadt fahren
  • Ein NFC-Karte oder –Armband dient als:
  • Hotel Check-in 
  • Zimmerschlüssel
  • Ticket für Öffis oder Taxi
  • Schlüssel für Ladestation mit Schließfach, um das Handy aufzuladen
  • Zugang zu öffentlichen Toilettenanlagen oder Spinden
  • Mit einer App kann man:
  • Zeitslots in Museen buchen und mit der Karte bzw. dem Armband ohne Warteschlagen eintreten
  • Carsharing buchen und mit dem Armband das Auto aufsperren
  • Wieder am Flughafen, verwendet man mit der Karte sogar einen Massagesessel, während man auf den Flug wartet.


Der Vorteil von digital integrierten Produkten ist, dass man dem Touristen nicht nur eine durchgängige Experience garantiert, sondern auch wertvolle Daten generiert. Man sieht, wie sich die Leute bewegen, welche Attraktionen sie bevorzugen und in welcher Reihenfolge sie diese besuchen. Mit den Daten kann man Schwachstellen beheben und so die Besuchererfahrung optimieren. Das Wichtige ist, dass so viele Attraktionen wie möglich integriert sind. Das „Netzwerken“ liegt dabei bei der DMO. Um eine erfolgreiche Destinationsmarke aufzubauen, muss sie nichts Neues erfinden, sondern alle Attraktionen einer Destination auf einer Plattform verknüpfen. 

Die Vernetzung wäre schon ein Vorteil bei der Buchung.

Bereits beim Buchen eines Fluges oder eines Hotels sollte der Gast sehen können, ob die Attraktionen der Region zur gewünschten Zeit eventuell schon ausgebucht sind und auf ein anderes Flugdatum ausweichen. Durch dieses System würden Besucherströme gleichmäßiger verteilt, Besucherlücken gefüllt und Saisonen eventuell verlängert.

Wo bleibt bei der ganzen Technik die Menschlichkeit?

Der persönliche Kontakt kommt beim Einsatz der technischen Devices nicht zu kurz. Er verändert sich nur – und das auch zum Positiven. Immerhin ist es doch netter, wenn ein Museumsbediensteter einem beim (digitalen) Eintritt willkommen heißt und Informationen gibt, anstatt dass er hinter einer Glasscheibe sitzt und nur das Ticketgeld entgegennimmt.