Haubenkoch auf veganer Mission

Haubenkoch auf veganer Mission

Vor vier Jahren hat Siegfried Kröpfl tierischen Produkten entsagt und sich dem bewussten veganen Genuss verschrieben. Über seine Berufung und seine Philosophie hat der Koch, Berater und Lehrer mit dem bu//etin gesprochen.

bu//etin: Warum haben Sie sich als Jugendlicher für eine Lehre als Koch entschieden?

Kröpfl: Ich wollte schon immer Koch werden. Als Kind war es mein Traum, als Koch auf einem Schiff zu arbeiten. Das ist nicht gelungen und war mir dann später auch nicht mehr wichtig, doch dem Beruf bin ich treu geblieben. 

Was macht Ihnen am Kochen Freude - und was weniger?

Kochen ist eine Passion und es ist immer wieder toll, die Gäste zu überraschen. Jeden Tag warten neue Herausforderungen, auch die Ansprüche der Gäste sind immer unterschiedlich. Neues auszuprobieren und mit regionalen Produkten zu arbeiten macht mir riesig Spaß. Die Natur bringt so schöne Produkte hervor – wir müssen nur zugreifen und etwas daraus machen. Koch zu sein ist eine Berufung: Man kann einen Teil lernen, doch der Wunsch muss von Herzen kommen. Man muss mit Stresssituationen klarkommen, die Arbeitszeit und die Bezahlung erfordern viel Flexibilität. Daran scheitern viele.

Sie waren lange im Ausland und haben in renommierten Häusern für prominente Köpfe gekocht. An welche Erlebnisse erinnern Sie sich besonders gern zurück?

Ich war mit meiner Frau über zwei Jahre in Toronto, wo ich im Luxushotel Harbour Castle, einem der größten Hotels Kanadas, gearbeitet habe. Das war für mich eine riesige Herausforderung. Hier hatte ich die große Ehre, für die britische Königin zu kochen. Auch während meiner Zeit im Hilton Vienna durfte ich viele prominente Gäste bewirten – Arnold Schwarzenegger, James-Bond-Darsteller Timothy Dalton und andere. Ich habe auch einmal für Karl Wlascheck einen Monat privat in Frankreich gekocht und fuhr mit ihm auf die Märkte, um einzukaufen. ­Später arbeitete ich als Küchenchef im Hotel Imperial – für mich die schönste Zeit meiner Karriere, weil ich so viele schöne Veranstaltungen in unterschiedlichen Ländern betreuen durfte.

Sie haben durch Ihre Tochter Melanie zur veganen Küche gefunden - wie war die Umstellung für Sie?

Unsere Tochter hat ihre Diplomarbeit über die pflanzliche Küche geschrieben, meine Frau und ich haben dann immer neugierig beobachtet, was sie da so recherchiert. Dann haben wir uns auch mit der Massentierhaltung auseinandergesetzt – das war der Beginn meines neuen Lebensweges. Es ging alles sehr schnell. So schnell, dass einige Freunde und Kollegen nicht damit umgehen konnten. Doch man kommt heute nicht mehr daran vorbei: Die Ressourcen werden immer weniger, die Menschen werden immer mehr. Den Menschen wird bewusst, dass es so nicht weitergehen kann.

Ist vegan gleich gesund? 

Ich selbst habe meiner Gesundheit durch diese Umstellung sehr viel Gutes getan: Meine Blutwerte sind heute fantastisch, ich habe relativ viel abgenommen und bin auch meine Allergien losgeworden. Die vegane Ernährung muss aber auch bewusst und ausgewogen sein, und Sport gehört halt auch dazu.

Sie sind auch im Bereich Aus- und Weiterbildung tätig. Warum ist es Ihnen ein Anliegen, Ihr Wissen weiterzugeben?

Bildung und Wissen sind wahnsinnig wichtig. Ich möchte einfach aufzeigen, dass es auch ohne regelmäßigen Fleischkonsum und vielleicht sogar ganz ohne Fleisch sehr gut geht. Es geht darum, die Alternativen zu erkennen und von der Natur zu lernen. Ich unterrichte ja auch an der Gastgewerbefachschule am Judenplatz, einer Vorzeigeschule, an der es seit vier Jahren die Zusatzausbildung zur vegan-vegetarischen Fachkraft gibt. Unser Direktor Werner Sedlacek war der Erste, der dieses Konzept umsetzte, heute gibt es diese Ausbildung schon in vielen Schulen. Für Schüler und Lehrer gibt es einmal in der Woche einen veganen Tag. Ich schule auch Lehrer in Österreich, um sie zu befähigen, diese Ausbildung anzubieten.

Was sind die wichtigsten Erkenntnisse, die Sie Ihren Schülern mitgeben möchten?

Einfach ausprobieren und selbst die Erfahrung machen, was dem eigenen Körper guttut. Immer neugierig sein und die Dinge hinterfragen. Und eine positive Grundeinstellung bewahren.

Ist die Zukunft vegan?

Vegan wird sicher für die Zukunft eine wichtige Einstellung werden. Aber es ist nicht so, dass der Fleischkonsum verschwinden wird. Ich glaube, dass ein bis zwei Mahlzeiten mit tierischen Produkten in der Woche genug sein sollten. Wir müssen auf Qualität, auf Regionalität und auf die Umwelt achten. Was mir persönlich sehr abgeht, sind der Respekt und die Wertschätzung für das Produkt. Besinnen wir uns wieder auf das Wesentliche. Und leisten wir unseren Beitrag, um die Natur und die Umwelt zu schonen.

Welche anderen Trends beobachten Sie derzeit in der Gastronomie?

Momentan sind Würmer und Insekten angesagt. Sie werden im Glauben an eine bessere Zukunft gezüchtet, das ist sehr kurzsichtig. Um die Menschen mit Insekten und Würmer ernähren zu können, bräuchte man sehr viel Platz – so wie in der heutigen Tierzucht. Das ist halt ein kurzer Trend, um Aufmerksamkeit zu gewinnen, sonst gar nichts. Schade ist, dass Fast Food generell auf dem Vormarsch ist und die Qualität oft auf der Strecke bleibt.

An welchen Projekten arbeiten Sie derzeit?

Seit drei Jahren bin ich für die Vereinigung „United Against Waste“ im Einsatz – ein ­Projekt, das sehr gut angenommen wird. Betriebe – Hotels, Gasthäuser, Kantinen, Betriebsrestaurants – können sich melden und ihren Umgang in Sachen Lebensmittelvermeidung checken lassen. Es geht darum, aufzuzeigen, wie viele Lebensmittel weggeschmissen werden, das ist echt eine Katastrophe. Ich ermittle, welche Fehler gemacht werden, und gebe den Unternehmen Tipps, um sich zu verbessern. Die meisten Unternehmen wissen nicht, wie viel Geld im Mülleimer liegt.

Und wo zieht es Sie im Urlaub hin?

Im Winter bevorzugt ins warme Florida, wo unsere ältere Tochter Sandra seit vielen Jahren lebt. Ich fahre gerne Ski, aber in Wien und Umgebung ist das etwas schwierig. Aber auch Österreich ist ein wunderschönes Land, in dem wir viel unterwegs sind. Hier können meine Frau und ich Privates mit Beruflichem verbinden, und das ist sehr schön.