KPI-Toolkit für Destinationen

KPI-Toolkit für Destinationen

Zur strategischen Verankerung und Messbarkeit von Nachhaltigkeit

Das Thema Nachhaltigkeit gewinnt als strategischer Wettbewerbsfaktor im Tourismus an Bedeutung: für Gäste ist Nachhaltigkeit ein immer wichtiger werdendes Entscheidungskriterium, ebenso wie für bestehende und vor allem für neue Mitarbeitende. Dies betrifft touristische Leistungsträger ebenso wie Destinationen.

Regulatives Umfeld verschärft sich

Auch abseits des Aufbaus von strategischen Wettbewerbsvorteilen ist es notwendig, sich dem Thema Nachhaltigkeit ernsthaft zu widmen, da die diesbezügliche Regulative sich zunehmend verschärft. Eine zentrale Vorgabe der Europäischen Union ist es, den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2050 auf Netto Null zu bringen, mit dem Zwischenziel, die Emissionen schon bis 2030 um 55 % gegenüber 1990 zu reduzieren. Mit diesem Ziel soll Europa der erste klimaneutrale Kontinent werden. Diese Vorgabe wird zunehmend in Richtlinien und Gesetze übertragen, so etwa in die neue EU-Taxonomie, die definiert, welche Aktivitäten als nachhaltig eingestuft werden können, aber auch in die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (die im deutschen Lieferkettengesetz bereits vorgegriffen wurde), aber auch im sich verschärfenden EU-Emissionshandel, der die Nichtbeachtung der Ziele der Europäischen Union mit einem erhöhten Zertifikatpreis bzw. Strafzahlungen belegen wird. Obwohl diese und weitere Vorgaben vorerst auf größere unternehmerische Einheiten angewandt werden, wird sich der Kreis der Betroffenen vergrößern und gibt die Richtung vor. Es gilt also, die richtigen strukturellen Weichenstellungen frühzeitig zu stellen, noch bevor diese Vorgaben schlagend werden, um Risiken für die Zukunft zu vermeiden und seine eigene Wettbewerbsfähigkeit durch die Ausrichtung auf die Zukunftsthemen zu stärken.

Logik und Struktur von Nachhaltigkeit folgt drei Bereichen

Nachhaltigkeit wird im betriebswirtschaftlichen Sinn in drei Bereiche strukturiert, die international üblicherweise unter den Kürzeln ESG zusammengefasst werden. „E“ steht für Environment, „S“ steht für Social und „G“ steht für Governance. Wir benennen diese drei Bereiche folgendermaßen:

  • Klima & Umwelt (Environment)
  • Mensch & Gesellschaft (Social)
  • Innovation, Ethik, Richtlinien & Zertifikate (Governance)

Diese Aufteilung ermöglicht eine strukturierte Vorgehensweise durch die Zuordnung von Einzelthemen zu den jeweiligen Bereichen als auch eine Vergleichbarkeit im Sinne eines Benchmarkings, aber auch einen entsprechenden Erfahrungsaustausch. Zudem sind die Kriterien von Investoren und Kreditgebern oft an diese Struktur angelehnt, was den Prozess der Bewertung seitens dieser Organisationen in der Regel erleichtert.

Destinationsspezifische Unterschiede berücksichtigen

Die beschriebene Struktur gilt für alle organisatorischen Einheiten gleichermaßen, sei es für touristische Leistungsträger wie Hotels, Gastronomie, Bergbahnen, Mobilitätsanbieter und andere, kann aber auch auf Destinationsebene umgelegt werden. Gerade auf der Destinationseben kommen weitere Schlüsselfaktoren hinzu, wie das Schaffen von Plattformen zum Austausch etwa für Knowhow und Innovationen und das Stakeholder-Management.

Weiters kann man die Vergleichbarkeit der Aktivitäten und Fortschritte durch Auswahl der entsprechenden Peergroup auch so gestalten, dass man Winterdestinationen bzw. Sommerdestinationen untereinander vergleicht und einen entsprechenden Knowhow-Austausch fördert. Dasselbe trifft auch auf die Vergleichbarkeit von Stadt- vs. Landdestinationen zu.

Destinationsspezifische Kriterien können in die vorgeschlagene Nachhaltigkeitsstruktur integriert werden.

Vorgehensweise bei der Umsetzung

Letztlich geht es darum, das Thema Nachhaltigkeit in den bestehenden Stakeholder-Prozess auf Destinationsebene zu integrieren und aus den genannten Gründen zu einem zentralen strategischen Thema zu machen.

Die Abfolge der Aktivitäten könnte folgendermaßen aussehen:

  1. Awareness für das Thema schaffen und Knowhow aufbauen
  2. Die vorgeschlagene Nachhaltigkeitsstruktur und Indikatoren an die Gegebenheiten und Möglichkeiten der eigenen Destination anpassen. Hier gilt: anfangs lieber klein anfangen und kontinuierlich anpassen und erweitern
  3. Den Istzustand der ausgewählten Kriterien auf Destinationsebene messen. Aufgrund der Fragmentierung und der Notwendigkeit zur Kooperation innerhalb der Destination klingt dies einfacher als es ist.
  4. Messbare Ziele für die Kriterien festlegen. Nur so kann man den Fortschritt auch dokumentieren und die Maßnahmen ausrichten, bzw. Erfolge auch glaubhaft und hinterlegt kommunizieren
  5. Maßnahmen zur Erreichung der gewählten Ziele festlegen

Begleitet werden kann dieser Prozess durch eine gute Kommunikation nach innen innerhalb der Destination, aber auch nach außerhalb in Richtung der bestehenden als auch von potenziellen Gästen. Sehr wichtig ist es dabei zu beachten, keine irreführenden, unklaren und falschen Behauptungen bzw. Versprechungen zu kommunizieren, um nicht in den Vorwurf des Greenwashings zu geraten. Die Kommunikation soll ehrlich, transparent und authentisch sein und soll Ambitionen und Erfolge ohne Übertreibungen sichtbar machen.

Die vorgeschlagene Nachhaltigkeitstabelle kann als Ausgangspunkt verwendet werden