Gerade in Krisenzeiten ist Social Media ein wichtiges Marketing-Instrument. Mut, Interaktion mit den Usern und Schnelligkeit sind die wichtigsten Berater. Auch eine gute Portion Humor gehört in den Maßnahmenmix. Zwei Social-Media-Expertinnen der Österreich Werbung berichten von ihren Learnings aus der Corona-Krise.
Inspiration, Kommunikation, Service-Plattform – Social Media-Dienste sind längst ein wichtiges Tool für die Tourismusbranche. Doch spätestens seit Beginn der Corona-Krise, seitdem das Reisen vorübergehend aus unserer Realität verbannt wurde und Social Distancing mehr als bloß ein Schlagwort ist, haben sie besondere Relevanz.
„Social Media ist in Krisenzeiten ein sehr hilfreiches, aber auch ein heikles Instrument. Entsteht heutzutage eine Krise, poppt das als allererstes in der direkten Kommunikation auf. Und dann muss man schnell, aber auch strukturiert reagieren können“, weiß Marlene Urbann, Social-Media-Expertin der Österreich Werbung. „Wichtig ist vor allem eine durchdachte Strategie und der proaktive Umgang mit der Krise.“
Und die Pandemie gab den Extremfall einer solchen Krise – von heute auf morgen verloren bisher gut erprobte Kommunikationsstrategien ihre Gültigkeit und das gesellschaftliche Leben verlagerte sich noch weiter ins Digitale. Das Engagement auf Social Media stieg an, die Nutzer suchten nach Interaktion. „Wir mussten uns schnell entscheiden, wie wir vorgehen wollten. Ob wir weiterhin aktiv auf unseren Social-Media-Kanälen bleiben oder ob wir eine Pause einlegen“, erzählt Urbann. „Speziell in der Krisenphase wollten wir unseren potenziellen Gästen einen Ausgleich zur momentanen, doch etwas belastenden Situation schaffen. Die User sollten durch positive, inspirierende und emotional formulierte Inhalte abgelenkt werden. Es ging sehr stark um Vertrauen, Zuversicht und Solidarität.“
Die Krise wurde dabei also automatisch zu einem Lehrfeld in Sachen digitaler Kommunikation – gerade weil der Ausnahmezustand die Eigenschaft hatte, den Fokus noch stärker ins Internet zu rücken. Die Erkenntnisse aus dieser Zeit können nun in die Zukunft mitgenommen werden. Aber: Was sind denn die größten Learnings aus der Corona-Krise?
Geht es nach Urbann, sind das nicht zuletzt Mut und Schnelligkeit. „Trotzdem sollte man sich vorab konkrete Zielsetzungen vornehmen und verschiedene Szenarien ausarbeiten: Man muss immer einen Schritt vorausdenken. Gerade, wenn man sehr gefordert ist und damit beschäftigt die gegenwärtige Situation unter Kontrolle zu bringen. Weil man Inhalte nicht einfach von heute auf morgen umsetzen kann.“
Genau darin liegt die Herausforderung, schließlich ist „Content extrem kurzweilig“, so Lisa Eiersebner. Die Spezialistin für Social-Media-Content empfiehlt daher auch die häufige Evaluierung der Inhalte: „Was ich gestern produziert habe, ist morgen vielleicht nicht mehr relevant und muss neu angepasst werden“, so Eiersebner.
Grundlegend ist außerdem die positive Grundstimmung in der Kommunikation, genauso wie das ehrliche Miteinbeziehen der Nutzer. So empfiehlt Eiersebner im Zweifelsfall stets den direkten Dialog mit den Usern zu suchen. Auf diese Weise entstanden unter dem Hashtag #austrianhomestories während des Lockdowns etwa auch zahlreiche Inhalte in Abstimmung mit der Community: „Social Media ist keine Einbahnstraße. Gerade in der Krise war es für uns ein wichtiger strategischer Aspekt, interaktionsfördernde Maßnahmen durchzuführen, um den virtuellen Zusammenhalt zu stärken.“
Die Gäste mit „good Vibes“ zu versorgen und Österreich in Erinnerung zu halten, war für die frühe Phase der Krise die richtige Strategie. Dann ging es freilich darum, „umzuschalten“ und für Urlaub in Österreich proaktiv zu werben. Urbann: „Man darf auf keinen Fall zu lange die Bewerbung auf Social Media aussetzen, sonst verpasst man den richtigen Zeitpunkt für den Wiedereinstieg und die Mitbewerber sind einem voraus. Das heißt, das Timing und die Message der jeweiligen Kampagnen sind entscheidend. In unserem Fall gibt es auch Unterschiede auf den Märkten, da die Situation des jeweiligen Landes hier auch mitbestimmt.“
Zur erfolgreichen Social-Media-Arbeit gehört auch der Umgang mit Kritik und früher oder später bietet dafür jeder Angriffsfläche. Die Österreich Werbung zum Beispiel mit einem Werbemittel im Rahmen der Inlandskampagne (siehe Screenshot unten). Es sei nicht authentisch, aufgesetzt, nicht zeitgemäß, hieß es von Seiten der Nutzer. Ein negativer Schneeballeffekt auf Twitter war die Folge. „Für uns war klar, dass wir darauf reagieren wollen, aber ohne eine grundsätzliche Diskussion zu entfachen“, sagt Urbann. Weil Humor in solchen Situationen in der Regel ein guter Berater ist, tat die Österreich Werbung das, was etliche User auch schon gemacht hatten, nämlich das Motiv mit Photoshop umzugestalten.
Der ein oder andere erinnert sich vielleicht noch: Vor vielen Jahren warb die Österreich Werbung mit den beiden Pinguinen Joe & Sally kontrovers diskutiert aber überaus erfolgreich für Urlaub in Österreich. Das griff das Social-Media-Team jetzt auf. Urbann: „Wir haben die zwei Personen aus dem Posting ad hoc gegen Pinguine getauscht.“
Die gesunde Selbstironie verfehlte ihre Wirkung nicht. Der Shitstorm konnte abgewendet werden und die Pinguine wurden zum Symbol einer weiteren wichtigen Social-Media-Lektion. „Gerade im Internet gilt: Man kann es nicht jedem recht machen. Das darf aber nicht dazu führen, gar keine Risiken mehr einzugehen“, sagt Urbann.