Die Personalsuche zählt aktuell zu den größten Herausforderungen im Tourismus. Wo und wie sich Unternehmen heute präsentieren, um das Rennen um qualifiziertes Personal zu machen.
Mit einem lachenden und einem weinenden Auge starten viele Hoteliers und Gastronomen in die Wintersaison. Denn während die Gästezahlen steigen, schwindet die Zahl der verfügbaren Mitarbeiter am Arbeitsmarkt. Laut einer aktuellen Umfrage der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV) suchen 80 Prozent der Mitgliedsbetriebe noch Personal. Allein in Tirol waren zum Start der Wintersaison 2018 3.050 Stellen in der Beherbergung und Gastronomie offen. Die Situation werde sich in den kommenden Jahren noch verschärfen, prognostiziert eine Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO). Bis zum Jahr 2023 muss die Beherbergungs- und Gastronomiebranche zusätzlich 36.000 Beschäftigte finden. Am größten ist der Personalmangel im Küchen- und Servicebereich.
Das Patentrezept aus der Vergangenheit funktioniert immer weniger. Es wird zusehends schwieriger, Mitarbeiter aus dem benachbarten Ausland anzuwerben, beobachtet Marcus Kleemann, Geschäftsführer der Personal- und Mediaagentur Jobaffairs. „Die Wirtschaft im Osten floriert und die Löhne haben fast österreichisches Niveau erreicht. Es zahlt sich für viele nicht mehr aus, zum Arbeiten ins Ausland zu gehen“, meint Kleemann. Außerdem könnten auch Jobsuchende aus Tschechien, Ungarn oder der Slowakei heute zwischen mehreren Angeboten wählen.
Sich als Arbeitgeber attraktiv zu präsentieren, ist erfolgsentscheidend geworden. Die Erfolgschancen erhöht, wer nicht auf einen einzelnen Kanal vertraut, sondern die Mitarbeitersuche so breit wie möglich anlegt.
Das Arbeitsmarktservice schreibt offene Stellen über das AMS-Jobportal und über das europaweite Jobnetzwerk EURES aus. Außerdem initiiert das AMS zahlreiche Projekte zur überregionalen Vermittlung und Kooperation. Im Rahmen des Projekts „Gastronomisch Arbeiten im Pongau“ zum Beispiel werben unter der Federführung des AMS Bischofshofen 50 Pongauer Tourismusbetriebe um Arbeitskräfte aus dem Osten Österreichs für Saisonal- oder Dauerbeschäftigungen. Darüber hinaus existieren diverse Förderprogramme. Für Asylberechtigte unter 25 Jahren, die eine Ausbildung im Gastgewerbe absolvieren, leistet das AMS einen Zuschuss.
Individuelle Tipps für die Mitarbeitersuche holen sich Touristiker bei der Impulsberatung. Das AMS bietet bis zu zwölf kostenlose Beratungstage an (Infos und Anmeldung bei den regionalen AMS-Geschäftsstellen).
Die Auswahl an Onlinejobportalen reicht von allgemeinen Plattformen wie karriere.at bis hin zu fachspezifischen Seiten wie gastrojobs.at und hotelcareer.at. Einige Betreiber bieten auch internationale Ausschreibungen an. Über die Plattform jobswype.at, die in Österreich auch als Jobsuchmaschine auftritt, können Arbeitgeber ihre Ausschreibungen auf den Länderseiten in Ungarn, Tschechien, der Slowakei und Polen schalten. Der Titel und die ausgewählten Schlagwörter werden automatisch in die jeweilige Landessprache übersetzt. Der Ausschreibungstext selbst bleibe in der Regel auf Deutsch, um Mitarbeiter mit Sprachenqualifikationen zu erreichen, erklärt jobswype-Geschäftsführer Christian Erhart.
Immer häufiger werden Jobs intern besetzt, also unter Bekannten und Kollegen verbreitet und vergeben. Die Besetzung von Stellen über persönliche Netzwerke ist zeit- und kostensparend. Durch den zunehmend professionellen Einsatz von sozialen Netzwerken hat sich diese Praxis noch mehr perfektioniert: Immer mehr Unternehmen präsentieren sich mit eigenen Firmen- bzw. Karrierepages auf Facebook oder Pinterest, betreiben einen Corporate Blog oder ein Profil auf Twitter. Die Vorteile: Unternehmen können sich hier authentisch präsentieren und potenzielle Bewerber gewinnen Einblick in die Unternehmenskultur und das Arbeitsumfeld. Auch über die Business-Netzwerke Xing und LinkedIn können Unternehmer potenzielle Mitarbeiter ausfindig machen und freie Stellen posten.
Auch digitale Recruiting-Tools können bei der Mitarbeitersuche helfen. Das Beratungsunternehmen Lohninger-Wunder hat eine „tourism edition“ der Recruitingsoftware eRecruiter entwickelt, die den gesamten Prozess der Personalberatung abbildet – von der Stellenausschreibung bis hin zur Besetzung einer Position. Über das System koordinieren die Touristiker die verschiedenen Ausschreibungskanäle, von der eigenen Website über externe Plattformen bis hin zu Social-Media-Kanälen. Mit Features wie dem automatischen Mail-Service erleichtert das Tool auch die Kommunikation mit den Bewerbern.
Je höher der Druck am Arbeitsmarkt, desto wichtiger ist Eigeninitiative. Dazu zählt es, eine Employer-Branding-Strategie zu definieren und mit anderen Betrieben zu kooperieren. Findige Hoteliers an den Kärntner Seen, die im Sommer ihre Hochsaison haben, tauschen ihre Mitarbeiter zum Beispiel mit Betrieben am Arlberg aus. Fest steht: Die Zeiten, in denen Arbeitgeber passiv auf Bewerber warten konnten, sind vorbei und werden auch nicht wiederkommen. Jobaffairs-Geschäftsführer Kleemann: „Die Betreibe müssen sich heute aktiv um Mitarbeiter bemühen und Bewerberströme selbst in die Hand nehmen.“