Prickelnde Entdeckungen

Prickelnde Entdeckungen

Die Produktion von Sekt, die in Österreich eine lange Tradition hat, erfährt derzeit eine Aufwertung. Dabei machen die Kellermeister ihre hochwertigen Erzeugnisse nicht nur kost-, sondern auch erlebbar.

Ob Hochzeits- oder Geburtstagsfeier, ob eine bestandene Prüfung oder ein romantisches Dinner zu zweit: Schaumwein ist ein beliebter Begleiter für festliche Anlässe und ein Garant für eine feierliche Stimmung. Es sind die schönsten Stunden im Leben, die mit Sekt vollendet werden.

Seit Mitte des 19. Jahrhunderts ist Sekt Teil der österreichischen Weinkultur. Internationale Bedeutung genoss er bereits Ende des 19. Jahrhunderts: 1842 begann Robert Alwin Schlumberger in Bad Vöslau mit der Champagner-Produktion, 20 Jahre später wurde sein „Sparkling Vöslauer“ anlässlich der Weltausstellung in England auf der Weinkarte im Palast von Königin Viktoria geführt. 1890 nahm Johann Kattus in Wien die Sektproduktion auf und belieferte Kaiser- und Fürstenhäuser in ganz Europa. Kaiser Franz Joseph I. soll sogar jeden Sonntag eine Flasche Sekt von Kattus genossen haben.

Heute widmen sich in Österreich 114 Betriebe der Herstellung von Schaumwein. Weitere 3.000 Betriebe liefern die Rohstoffe, also Trauben und Grundweine. Insgesamt erwirtschaftet die österreichische Sektbranche 55 Mio. Euro und sichert damit 1.300 Arbeitsplätze. Die Erntemenge für österreichischen Sekt macht rund zehn Prozent des heimischen Weins aus. Und der Sektverbrauch in Österreich kann sich durchaus sehen lassen: 2015 wurden insgesamt 25 Mio. 0,75-Liter-Flaschen Sekt aus heimischer Produktion in Österreich konsumiert.

Bewusstsein schaffen

Benedikt Zacherl steht als Geschäftsführer an der Spitze des 2013 gegründeten Sektkomitees, das sich zum Ziel setzt, die Qualität ebenso wie das Image des Sekts auf ein neues Niveau zu heben. Dazu gilt es nicht nur beim Endkunden, sondern auch bei den Gastronomen Bewusstsein zu schaffen und österreichische Produkte auf den Karten zu verankern: „Selbst Betriebe, die auf Regionalität setzen und die Herkunft ihrer Produkte in der Speisekarte ausweisen, haben häufig Prosecco auf der Speisekarte stehen“, beklagt Zacherl. Der klare Regionsbezug müsse den Gastronomen vermittelt werden, so Zacherl. Das gebe dem Wirt Orientierung und trage dazu bei, dass er den Gästen auch Geschichten zu den Produkten erzählen kann.

Mit zahlreichen Aktivitäten möchte das Sektkomitee den österreichischen Sekt mehr ins Gespräch und ins Glas bringen. Dazu zählen der Tag des österreichischen Sekts am 22. Oktober und der Salzburger Sektfrühling im April. Mit der Etablierung einer Qualitätspyramide für österreichischen Sekt gibt es seit Kurzem auch eine Orientierungshilfe mit einer klaren Auslobung der Qualitätsparameter. Die Trauben dürfen beispielsweise nur aus einem Bundesland stammen und die Mindestreifezeit auf der Hefe muss 18 Monate betragen.

Sekt als Botschafter

Gerade für den Tourismus berge der Sekt noch großes Potenzial, ist Zacherl überzeugt: „Österreich steht für Kultur, Kulinarik und Lebensfreude, in dieses Bild fügt sich der Sekt harmonisch ein.“ So könne der Sekt zu einem hochwertigen Botschafter für die österreichische Kulinarik und Lebensart werden. In der Vermarktung arbeite das Sektkomitee intensiv mit der Gesellschaft „Österreich Wein Marketing“ zusammen, die das Potenzial des Sekts ebenfalls erkannt habe, berichtet Zacherl. Und mit ihrer Ernennung zur Sektbotschafterin soll Petra Stolba, Geschäftsführerin der Österreich Werbung (ÖW), das Bild des österreichischen Sekts in der Welt stärken.

Sortenrein und regional

Auch beim Sekt spiegeln sich aktuelle kulinarische Trends wider. Wachsender Nachfrage erfreuen sich sortenspezifische Produkte wie der Grüne-Veltliner-Sekt. Der Trend hin zu Rosé, der beim Schaumwein bereits einige Jahre anhält, schwappe nun auch auf den Wein über, erzählt Zacherl. Was bei Bier und Wein bereits die Regel ist, soll auch beim Sekt eta­bliert werden: eine große Sortenvielfalt. „Das Glas Sekt oder gar ,Sekt-Orange‘ wird weder der Qualität noch der Vielfalt hinsichtlich Sorten und Geschmacksprofilen, die dieses Getränk zu bieten hat, gerecht“, erzählt Markus Graser, verantwortlich für die Unternehmenskommunikation bei der Schlumberger Wein- und Sektkellerei. „Niemand würde heute noch ein Glas Rotwein oder Weißwein bestellen – hier werden Cuvées oder Rebsorten bestellt, oder eben auch bestimmte Winzer.“ Schlumberger hat daher eine neue Produktlinie eingeführt, die Spezialitäten auf höchstem Qualitätsniveau bereitstellt.

Den Sekt erleben

Eine Reihe von Herstellern macht die Produktion des Schaumweins bei Führungen und Verkostungen für die Gäste erlebbar. In den „Schlumberger Kellerwelten“ sehen die Besucher dem Sekt beim Reifen zu und können ihn anschließend verkosten. „Bei einem erklärungsbedürftigen Produkt wie Schaumwein ist so eine Reise von der Traube am Rebstock bis zur fertig verpackten Flasche extrem wichtig, um die Hintergründe zu verstehen“, so Graser. Aufgrund der steigenden Besucherzahlen – aktuell 25.000 bis 30.000 pro Jahr – sei das Führungsangebot in den letzten Jahren deutlich ausgeweitet worden. Ein weiterer Ausbau der Kellerwelten sei für die nächsten Jahre geplant. Neben den Einheimischen richte sich das Angebot auch an Besucher aus dem Ausland, etwa Asiaten, Amerikaner oder Briten, erzählt Graser.

Auch das Stift Klosterneuburg, Öster­reichs ältestes Weingut, hält Führungen und Verkostungen in den historischen Weinkellern bereit – einem barocken Kellerensemble aus dem 13. Jahrhundert, das sich, gestützt von meterdicken Ziegelmauern, auf vier Ebenen bis zu 36 Meter in die Tiefe erstreckt. Das außergewöhnliche Erlebnis versetze alle Besucher ins Staunen, beobachtet Weingutsleiter Wolfgang Hamm. Besonders bei den deutschen Gästen kämen die ­Führungen gut an: Sie seien mit den Weinen bereits gut vertraut und brächten großes Interesse am Thema Sekt mit, so Hamm. Generell sagt Hamm dem Sekt eine große Zukunft voraus: Österreich liege etwas südlicher als die Champagne, die Weine hätten daher etwas mehr Reife und Aromatik. Diese Stärken des Weins, seine Mineralität und seine präzisen Fruchtaromen, müsse man auf den Sekt übertragen.

Die Basis sei bereits geschaffen, nun gelte es, am Produkt zu feilen und weiter Erfahrungen zu sammeln. „Die Sekttradition ist in Österreich ein paar Jahrhunderte kürzer als in der Champagne, doch die Lernkurve steigt rapide.“ Österreich bringt bereits einige Spitzenprodukte hervor, die internationale Beachtung finden. Der Jahrgangssekt Mathäi aus dem Stift Klosterneuburg beispielsweise hat Finnland erobert: Er wird gerne bei Empfängen des finnischen Präsidenten serviert, ist Favorit der Topgastronomie des Landes und wurde vom finnischen Weinmagazin „Viinilehti“ zum „Sparkling Wine Of The Year 2016“ gewählt. Österreich Sektproduzenten haben also allen Grund, auf die Zukunft anzustoßen.