Auf Sehnsüchte setzen

Auf Sehnsüchte setzen

Um sich im touristischen Wettbewerb die Aufmerksamkeit potenzieller Gäste zu sichern, sind innovative Strategien gefragt. Nicht die konkreten Angebote, sondern die dahinterliegenden Sehnsüchte stehen daher im Fokus der neuen Kampagne der Österreich Werbung.

Die Tourismusbranche wächst, und mit ihr auch der Wettbewerb: Immer mehr touristische Anbieter buhlen um die Aufmerksamkeit der Gäste, die in der täglichen Informationsflut zu einem knappen Gut geworden ist. Wer Beachtung finden will, muss mit den richtigen Botschaften überzeugen und Emotionen wecken.

Innovativer Zugang

Das wird mit klassischer, eindimensionaler Werbung immer schwieriger – gefragt sind starke Marken, kommuniziert über verschiedene Kanäle. Sie schaffen ein klares, unverwechselbares Bild im Kopf des Gastes und erzeugen so Begehrlichkeit. Der emotionale Aspekt von Marken ist im Tourismus besonders wichtig, weil Reiseentscheidungen vorwiegend Gefühlssache sind.

Vor diesem Hintergrund schlägt die Österreich Werbung (ÖW) in ihrer Arbeit einen innovativen Weg ein und hebt die Markenbotschaften auf eine neue Ebene: Dazu ist es notwendig, bei der Bewerbung von saisonalen Angeboten oder einzelnen Urlaubsaktivitäten ein Stück weit Abstand zu nehmen und mehr die tiefen Sehnsüchte aufzugreifen, die das Handeln und auch das Buchungsverhalten der Zielgruppe bestimmen.

So konzentriert sich die ÖW bei der Themensetzung für ihre Kampagnen auf die relevanten Sehnsüchte in den wichtigsten Herkunftsmärkten: den tiefen Wunsch, mit sich, seiner Umgebung und seinen Gastgebern in Resonanz zu treten; aufzuatmen, Selbstbestimmtheit zu erfahren und gemeinsame Glücksmomente zu erleben. Die neue Kampagnenlogik greift diese Bedürfnisse auf und zeigt, welche Antworten ein Urlaub in Österreich bietet.

Um die – durchaus unterschiedlichen – Sehnsüchte der jeweiligen Märkte zu identifizieren, habe die ÖW auf zwei Quellen zurückgegriffen, erklärt Michael Scheuch, Bereichsleiter Brand Management bei der ÖW: zum einen auf die eigene Markt-, Motiv- und Tourismus­forschung, zum anderen auf das fundierte Know-how ihrer internationalen Markt Manager, die nah an den Zielgruppen dran sind. „Wir bringen unsere Experten jährlich bei einem sogenannten Barcamp zusammen, um die wichtigsten Sehnsüchte und allfällige Veränderungen in den ­Gesellschaften herauszuarbeiten sowie daraus dann Themen für die Kommunikation abzu­leiten“, schildert Scheuch.

Neue Strategien gefragt

Auf die Notwendigkeit für Österreich, sich über emotionale Faktoren vom Wettbewerb abzuheben, weist auch Markenstrategie-Berater Achim Feige hin. „Wir leben in einer Zeit hochentwickelter Tourismusmärkte mit immer mehr Wettbewerbern. Österreich zählt zu den am höchsten entwickelten Destinationen und hat bereits eine sehr positive Resonanz in den Köpfen vieler Menschen“, meint Feige. Deshalb sei es an der Zeit, sich nicht mehr auf die touristischen Grundbedürfnisse wie Pistenkilometer und die schöne Natur zu konzentrieren, sondern die Sehnsüchte anzusprechen, so der Experte: „Ich glaube, in diesem Bereich kann Österreich führend sein.“

In Resonanz treten

Die Kampagne „Österreich. Die Kunst des Entdeckens“, die auf den Märkten Deutschland, Schweiz und Großbritannien ausgespielt wird, stellt Begegnungen mit Kunst, Kultur und Kreativität des Landes in den Fokus. Was alle drei Märkte in ihrer Sehnsucht vereint, ist die Offenheit, in Resonanz zu treten und zu schwingen – mit sich selbst und mit der Umwelt. Der Resonanzraum, der sich aufspannt, zeigt sich in der Begegnung mit unkonventionellen Produkten visionärer Gastgeberpersönlichkeiten.
Die Idee der Sehnsucht sei bei „Öster­reich. Die Kunst des Entdeckens“ am spitzesten ausgelegt, so Scheuch. Bei den anderen Kampagnen (heuer insgesamt vier in sechs Märkten) spreche die ÖW jeweils die Sehnsucht an, die am breitesten am Markt vertreten ist. Besonders für den deutschen Markt seien aber andere Strategien gefragt: „Österreich hat insgesamt, und besonders was Gastfreundschaft und Natur angeht, schon ein sehr gutes Image in Deutschland, die Werte sind hier kaum noch zu steigern. Was fehlt, sind die überraschenden Elemente“, so der Experte. Ein kommunikatives Einlassen auf unkonventionelle, inspirierende Gastgeber sowie auf Orte der Kreativität des Landes sei für die Anreicherung des Images enorm wichtig.

Das Sehnsuchtsmotiv von „Österreich. Die Kunst des Entdeckens“ spiegelt laut Achim Feige fundamentale gesellschaftliche Entwicklungen wider: Je digitaler die Welt, umso mehr Menschlichkeit brauche der Mensch. Je globaler die Welt, umso mehr Heimat, Ruhe und Achtsamkeit seien gefragt.

Individuelle Begegnungen

Was die Kampagne ausmacht, ist ihr kreativer Zugang: Sie zeigt vier Künstler – einen Musiker, einen Regisseur, einen Fotografen und eine Tänzerin. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg, um ihre individuellen Abenteuer zu erleben und ihre eigenen Geschichten zu schreiben. Sie finden an verschiedenen Orten Inspiration und verarbeiten ihre Eindrücke in einem vierminütigen Kunstfilm. Die Bilder, Szenen und Melodien, die auf dieser Reise entstanden sind, zeigen einen überraschenden Blick auf Österreich.

Die Kampagne stellt das Resultat dieser Reise an den Anfang und löst dann seinen Entstehungsprozess auf – mit Reportagen über die Orte und mit Por­träts der Gastgeber, die dahinterstehen. So stellt die ÖW über das Künstlerprojekt hinaus in weiterführendem Videocontent inspirierende kreative Köpfe aus Österreich vor: etwa die Wiener Designerin Lilli Hollein, den unkonventionellen Hotelgastgeber Thomas Helml und den Lifestyle-Landwirt Ingo Metzler. Sie verraten ihre Lieblings­plätze und inspirieren die Gäste, Öster­reich anders wahrzunehmen. Diese machen sich auf zu neuen Erlebnissen, zu Begegnungen abseits der touristischen Pfade – und tauchen damit tiefer in die Regionen ein. Auf dem Weg zu den persönlichen Tipps der Einheimischen bleibt den Gästen genug Zeit, um ihr eigenes Österreich zu erleben. In Zeiten, wo schon alles entdeckt und bewertet wurde, zählen diese Erfahrungen umso mehr.

Bewegende Bilder

Die ÖW verbreitet ihre multimedialen Botschaften über unterschiedliche Kanäle. Das Herzstück des Maßnahmenpakets – eine groß angelegte Online-Videokampagne – startete Anfang des Jahres in Deutschland, Großbritannien und der Schweiz. Auch über YouTube und Facebook sowie über weitere hochwertige Plattformen erreicht die native Videobewerbung den potenziellen Gast. Der Kurzfilm der vier Künstler kam in den deutschen Arthouse-Kinos, aber auch in britischen Kinos zur Aufführung.
Vor der Ausspielung auf den Märkten wurde der Film mittels modernster digitaler Marktforschungsmethoden getestet. Mithilfe von Gehirnstromanalysen bei Vertretern der Zielgruppe wurden die Inhalte der Videos auf ihre Verständlichkeit und ihre emotionale Wirkung hin getestet und optimiert.

Flankiert wird die Videokampagne von Online-Contentkooperationen – beispielsweise mit wallpaper.com, einem internationalen Design-, Fashion- und Lifestylemagazin in Großbritannien. Außerdem ist die ÖW Partner der Designmesse „blickfang“, die noch bis November durch zahlreiche Städte in Deutschland und der Schweiz tourt. Sie bietet einen stimmigen Rahmen, um einen Blick auf die vielfältigen Seiten des Urlaubslandes Österreich zu werfen. In der zentralen Österreich-Lounge, gestaltet von Designer und Querdenker Thomas Feichtner, präsentieren sechs österreichische Nachwuchsdesigner ihre Werke: kreative Köpfe, die Lust darauf machen, „Urlaub in Österreich“ aus einer neuen Perspektive zu erleben. In Großbritannien ist die ÖW mit einer eigenen Ausstellungsfläche Teil der Photo-London-Ausstellung, die in Kooperation mit dem British Journal of Photography im Mai über die Bühne geht. In der Ausstellung werden ausgewählte Bilder von österreichischen Fotografen zu sehen sein.

Auf Stärken konzentrieren

Für die Partner der ÖW bietet die Kampagne unterschiedliche Anknüpfungspunkte. „Im strengen Wettbewerb ist es wichtig, sich auf seine Stärken zu besinnen und diese zugespitzt zu kommunizieren“, ist Andrea Zefferer vom Team Unternehmenskommunikation bei WienTourismus überzeugt. Dabei reiche eine klassische Plakatkampagne nicht aus, um sich als Marke zu behaupten. Der WienTourismus fokussiert im Marketing auf 360-Grad-Kampagnen, die über verschiedene Medien gespielt werden und sorgfältig aufeinander abgestimmte Maßnahmen umfassen.

Im Fokus von „Österreich. Die Kunst des Entdeckens“ steht das Kulturangebot Wiens an der Schnittstelle von Altem und Neuem. Wien ist als Kulturstadt zum einen für ihr imperiales Erbe, zum ­anderen für das zeitgenössische Kunst- und Kulturangebot bekannt. Diese Kombination sei eine wesentliche Säule der Marke Wien, so Zefferer. Als Protagonistin habe der WienTourismus bewusst Lilli Hollein vorgeschlagen, erklärt Zefferer: „Als Veranstalterin der Vienna ­Design Week gestaltet sie die Stadt mit und entwickelt sie weiter. Sie empfiehlt in ihrem Kampagnenvideo authentische Plätze, die der Gast von heute sucht, und bietet mit dem Kunstfestival einen konkreten Anlass beispielsweise für die Gäste aus Deutschland, nach Wien zu kommen.“

Gesichter und Geschichten

Mit Handwerk und Architektur, die mit einem hohen Designanspruch gepaart sind, hat sich der Bregenzerwald international einen Namen gemacht. Auch in der Vermarktung ist das Thema Kunst wichtig: „Die Kulturalität der Region ist bei uns schon jahrelang ein Thema, das wir grundsätzlich in den Fokus stellen“, erklärt Herlinde Moosbrugger. Den Charakter der Region über Menschen zu vermitteln, sei sinnvoll: „Um Werte zu transportieren, braucht es Gesichter und Geschichten“, ist Moosbrugger überzeugt. Mit Ingo Metzler stellt der Bregenzerwald einen Lebenskünstler mit Pioniergeist in den Fokus. Metzler hat sich auf die Herstellung von Molkeprodukten spezialisiert und unter dem Motto „Naturhautnah“ ein Erlebnisangebot geschaffen, das Gästen die Natur auf kreative Weise näherbringt. „Er ist ein Vordenker, der für sich überlegt hat, wie er aus seiner Situation etwas Positives entwickeln kann. Er sieht das große Ganze und schaut über den Tellerrand hinaus“, so Moosbrugger.

Freiräume zur Entfaltung

Wie geschaffen für die Kam­pagne ist auch Bad Gastein, ein Ort, in dem vieles im Wandel ist, in dem kreative Köpfe Plätze der Inspiration schaffen und eine Aufbruchsstimmung erzeugen. „Bad Gastein öffnet sich als Ort und schafft Freiräume für Interpretation und neue Sichtweisen. Vieles hier ist noch nicht ausformuliert, vieles entwickelt sich, doch so mancher Gast findet genau da Inspiration, wo nicht alles so aalglatt schön ist“, erzählt Evelyn Ikrath, eine weitere Protagonistin der Kampagne. Evelyn Ikrath und ihr Mann Ike stehen für Urbanität, moderne Architektur und Kunst in Bad Gastein – er als Architekt und sie als Gastgeberin der Hotels Miramonte und Haus Hirt.

Ikrath versteht Bad Gastein als „Basecamp“ für Erholungssuchende, das allein schon durch die Lage am Berg neue Perspektiven eröffnet. In Kombination mit der Kunst, die neue Blickweisen ermöglicht und die Menschen zusammenbringt, spanne sich ein Raum für die freie Entfaltung auf. Was Ikrath an „Österreich. Die Kunst des Entdeckens“ besonders schätzt, ist der Storytelling-Ansatz, der die Menschen abholt und sie zum Mitdenken anregt. Und die überraschenden Komponenten der Kampagne: „Schon bei den Dreharbeiten für den Spot ist vieles anders verlaufen als erwartet. Vielleicht macht genau das unsere Authentizität aus“, erzählt die Gastgeberin. Eine Authentizität, die sich durch die gesamte Kampagne zieht.

Nähere Infos zu den Sehnsuchtskampagnen 2018 hier.