Schweiz Nachhaltigkeit

Schweiz: Nachhaltigkeit

  • Zweijährige Aktionspläne zur Unterstützung der Umsetzung der Strategie „Nachhaltige Entwicklung 2030“
  • Beim Konsum (Kleidung, Lebensmittel etc.) und auch beim Verhalten (Reduktion von Fleischkonsum, nachhaltige Anlageformen, Mobilität) wird immer mehr auf Nachhaltigkeit gesetzt.
  • Bewusstsein für nachhaltigeres Reisen. Auf der Angebotsseite wird der Tourismus nun vom Kompetenzzentrum unterstützt, um die nachhaltige Entwicklung des Schweizer Tourismus aktiv zu fördern und mitzugestalten.

Politischer Rahmen

Die nachhaltige Entwicklung und deren Förderung durch den Bund ist ein Verfassungsauftrag (Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030). In den Bereichen „nachhaltiger Konsum und nachhaltige Produktion“, „Klima, Energie und Biodiversität“ sowie „Chancengleichheit und sozialer Zusammenhalt“ sieht der Bundesrat besonderen Handlungsbedarf. Zweijährige Aktionspläne sollen die Umsetzung unterstützen.

Konsum und Ernährung

Bei der unmittelbaren Kaufentscheidung sind Qualität (64 %) und Preis-Leistungs-Verhältnis (63 %) die wichtigsten Kriterien für Schweizer Verbraucher*innen. Nachhaltigkeit wird immer wichtiger. Während im globalen Durchschnitt ein Drittel dieses Kriterium in Zukunft stärker berücksichtigen will, sind es in der Schweiz 47 % (Quelle). Bei einer repräsentativen Umfrage geben gar 78 % der Schweizer*innen an, dass ihnen Nachhaltigkeit beim Kauf, Konsum und Lebensstil wichtig ist. Dieser Anteil ist in der ganzen Bevölkerung der Schweiz ähnlich hoch, unabhängig von Sprachregion, Geschlecht, Einkommen, Bildung und Haushaltsgröße (Quelle).

Einen regelrechten Boom erfährt in der Schweiz das Re-Commerce-Business. Gebrauchte Kleidung gibt es nicht nur in Secondhand-Läden, sondern mittlerweile in vielen Online-Fashion-Shops oder sogar im Warenhaus.

Im Lebensmittelhandel spiegelt sich dieser Trend ebenfalls wider. Fairtrade-Produkte weisen ein überdurchschnittliches Wachstum auf (Quelle) und regionale Produkte gibt es mittlerweile überall, in Hofläden, Bioläden und bei Großverteilern (Quelle). Ein wichtiges Thema in diesem Zusammenhang ist „Food Waste“, womit sich Unternehmen, NGOs, Verbände, aber auch Vereine und Firmen wie „To Good To Go“, savefood.ch, Zero-Waste-Cafés, RestEssBar etc. beschäftigen. Im Bereich nachhaltiger Konsum gibt es Start-ups wie Eaternity, WormUp, Wildbiene und Partner etc.

46 % der Schweizer*innen wollen ihren Fleischkonsum reduzieren, vor allem um weniger CO₂ zu verursachen (Quelle). Die Reduktion von tierischen Produkten, allen voran Fleisch (von Personalküchen bis in den Supermarkt), ist nun auch in der Schweiz breit angekommen. Der Anteil an Veganer*innen und Vegetarier*innen beläuft sich auf knapp 5 %, weitere 20 % der Bevölkerung bezeichnen sich als Flexitarier*innen.

Finanzmarkt

Auch im für die Schweiz besonders bedeutsamen Finanzmarkt wird das Thema Nachhaltigkeit immer wichtiger. Der Markt für nachhaltige Anlagen hat 2020 in der Schweiz erneut ein zweistelliges Wachstum verzeichnet. Das Volumen der nachhaltigen Fonds stieg auf 694,5 Milliarden Schweizer Franken und macht nun 52 % des gesamten Schweizer Fondsmarktes (gegenüber 38 % im Jahr 2019) aus (Quelle). Somit übertreffen Fonds, die nachhaltige Anlageansätze vertreten, nun zum ersten Mal konventionelle Investmentfonds. Der WWF kritisiert in einer Studie aber die Wirkung dieser „nachhaltigen“ Finanzprodukte, die nicht halten würden, was sie versprechen. Auch die Nachhaltigkeit, die mittlerweile von allen Schweizer Retailbanken in speziellen Angeboten versprochen wird, wird in dieser Studie kritisch hinterfragt (Quelle).

Mobilität

Das Thema „nachhaltiger Verkehr“ ist seit Jahren ein Schwerpunkt der Politik. „Nachhaltig“ bedeutet in diesem Zusammenhang, die erforderliche Mobilität möglichst umweltschonend zu bewältigen (ökologische Nachhaltigkeit), die Mobilitätsbedürfnisse volkswirtschaftlich möglichst effizient zu befriedigen (ökonomische Nachhaltigkeit) und allen Bevölkerungsgruppen und Landesteilen Zugang zur Mobilität zu ermöglichen (soziale Nachhaltigkeit).

Bei der nachhaltigen Mobilität gilt die Schweiz als Vorzeigeland. Beispielsweise weist das Land beim Anteil der Bahn am gesamten Personenverkehrskuchen den höchsten Wert Europas auf. Beim Eisenbahn-Indikator, einem von 114 Indikatoren die das „Global Competitiveness Ranking“ des „World Economic Forum“ (WEF) bestimmen, belegt die Schweiz sogar weltweit den ersten Platz (Quelle). Die Abonnements des öffentlichen Verkehrs sind weit verbreitet – rund 57 % der Bevölkerung ab 16 Jahren besitzen mindestens eines (beispielhaft 36,5 % ein Halbtax-Abo, vergleichbar mit der Vorteilscard in Österreich) (Quelle). Es gibt unzählige Angebote, Projekte und Start-ups, die eine nachhaltige Mobilität im Fokus haben: Car- und Bikesharing-Anbieter, Kombination von privatem und öffentlichem Verkehr, verschiedenste Mobilitäts-Apps etc. Im motorisierten Autoverkehr boomen seit Jahren E-Autos. In der Liste der meistverkauften Autos im Jahr 2021 steht mit dem Tesla 3 ein E-Auto an erster Stelle. Insgesamt hatten 13 % aller verkauften Autos einen Elektroantrieb, weitere 9 % waren Plug-in-Hybride (Quelle).

Tourismus

Unter dem Dach des Schweizer Tourismus-Verbandes STV lanciert der Schweizer Tourismussektor gerade ein Kompetenzzentrum, um die nachhaltige Entwicklung des Schweizer Tourismus aktiv zu fördern und mitzugestalten. Zu seinen Aufgaben gehören die Führung und Weiterentwicklung des Programms „Swisstainable“ zusammen mit Schweiz Tourismus. Darin werden Betriebe und Leistungsträger je nach Grad ihres Engagements im Bereich Nachhaltigkeit mit dem Swisstainable-Siegel ausgezeichnet. Weiters setzt es sich für den Dialog und die Vernetzung der Community, die Messbarkeit von Nachhaltigkeit, den Wissenstransfer und die Schaffung von Schnittstellen zu anderen relevanten Sektoren und der Wissenschaft ein.

Beispiele von Nachhaltigkeit im Tourismus sind die besonders umweltfreundlichen Schweizerischen Bundesbahnen (durchgehend elektrifiziert, 90 % Wasserkraft im Bahnstrommix etc.), autofreie Ferienorte, die Schweizer Jugendherbergen (Bezug von nachhaltigem Strom, Zertifizierung mit dem ibex-fairstay-Label etc.) oder die „Responsible Hotels of Switzerland“ – 26 Leitbetriebe der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit.

Vertrauenswürdige Labels im Schweizer Outbound-Tourismus sind „Tour Cert“ für Veranstalter, Hotels und sonstige Tourismusunternehmen, die sich für eine Sozial- und Umweltverantwortung sowie der Respektierung von Menschenrechten einsetzen. „myclimate“, eine gemeinnützige Schweizer Stiftung, setzt Projekte zur Kompensation von CO₂-Emissionen um und ist in breiten Teilen der Bevölkerung angekommen. Laut Branchenprimus „Hotelplan“ kompensieren rund 25 % der Kund*innen, die in den Filialen eine Reise gebucht haben, ihren CO₂-Ausstoß ganz oder zumindest teilweise (Quelle). Insgesamt wird durch diese Möglichkeiten jedoch nur ein Bruchteil des ökologischen Fußabdrucks wettgemacht. Dennoch steigt das Bewusstsein für nachhaltigeres Reisen. Fast die Hälfte der Befragten in einer aktuellen Umfrage will künftig weniger fliegen, um den persönlichen CO₂-Fußabdruck zu verkleinern (Quelle).