ÖW Global Talk Impfungen und die Bedeutung für das Reisen

Die wichtigsten Informationen aus dem ÖW Global Talk #5

Thema „Impfungen und die Bedeutung für das Reisen“

vom 25. März 2021

Wie wird sich die Impfung in Zukunft auf das Reisen und die Mobilität auswirken? Welche Entwicklungen könnten sich aus einem "Grünen Pass" ergeben und welche Auswirkungen sind für den Tourismus rund um die Welt zu erwarten? Diesen Fragen und Themenstellungen widmeten wir uns im ÖW Global Talk „Impfungen und die Bedeutung für das Reisen“.

Den ÖW Global Talk finden Sie hier im Video zum Nachschauen. Im Anschluss finden Sie Informationen zum Thema Impfen zusammengefasst sowie das ÖW Global Dashboard, in dem Sie einen Überblick über die momentanen Neu-Infektionen und den Stand der Impfungen pro Herkunftsland erhalten.

 

Impfungen und die Bedeutung für das Reisen

Impfstrategien – Unterschiede bei den Ländern – Impfbereitschaft – Auswirkungen auf den Tourismus – Sommer mit Corona und Impfung – Initiativen beim Immunitätsnachweis

Schnell kann es zu rasant ansteigenden Infektionszahlen kommen, auftretende Mutationen können die Situation plötzlich ändern, wie wir in den letzten Monaten erfahren haben. Dies führte vorerst zur Verlängerung oder auch Verschärfung der Maßnahmen und damit der Reisehemmnisse. Die Abschottungstendenzen aufgrund der Pandemie bleiben also erstmals aufrecht.

Die Impfstrategien

Bei den Impfstrategien gibt es, bis auf ganz wenige Ausnahmen, weltweit ein recht einheitliches Vorgehen: Zuerst die älteren Menschen, Personen mit erhöhtem Risiko und diejenigen, die in medizinischen Bereichen arbeiten, danach die jüngeren Bevölkerungsschichten. Kleinere Abweichungen gibt es bei der Verabreichung der notwendigen zweiten Impfdosis. So wurde beispielsweise in Frankreich beschlossen, die Zweitimpfungen zu garantieren, auch wenn dadurch die Erstimpfungen verzögert werden.

Und das war es auch schon mit den Gemeinsamkeiten. Schon beim Thema Testungen ist das Vorgehen uneinheitlich. Manche Staaten setzen auf eine Kombination von Impfungen und gleichzeitig Testungen, um das Infektionsgeschehen zu kontrollieren, abgesehen vom Contact Tracing. In vielen Ländern hingegen sind Tests nur gegen teures Geld zu erhalten oder nur im Verdachtsfall oder auch gar nicht. Dies ist aber auch teilweise der unterschiedlichen Ausbreitung und Intensität der Pandemie geschuldet.

Und es gibt weitere Unterschiede bei den Ländern

Der Beginn der Impfungen hat in manchen Ländern erst kürzlich (wie z. B. in Australien im Februar 2021) stattgefunden, Taiwan startet erst im Mai/Juni 2021 mit den Impfungen – bei freilich sehr geringen Neuinfektionen.

Manche Länder gaben eine Zeitspanne bekannt, in der sie mit der Durchimpfung der Bevölkerung fertig werden wollen bzw. eine bestimmte Menge an Impfstoffen verabreicht haben wollen. In den Vereinigten Arabischen Emiraten sollte Ende März die Hälfte der Bevölkerung geimpft sein, in Australien spricht man von Ende Oktober als Zeitpunkt, zu dem alle, die wollen, eine Impfung erhalten haben sollen. Dänemark hat als Datum der abgeschlossenen Durchimpfung den 27. Juni 2021 genannt, Großbritannien will dies bis Ende Juli geschafft haben. Indien ist weltweit der zweitgrößte Impfstoffhersteller und hofft, dass innerhalb eines Jahres fast alle geimpft werden.

Auch die Organisation der Impfungen zeigt verschiedene Herangehensweisen. Es gibt Impfstraßen im Freien, Impfungen in eigens errichteten Impfzentren. Ein Aufruf an Freiwillige für das Betreiben der lokalen Impfzentren übertraf alle Erwartungen: In der Wallonie meldeten sich mehr als 4.000 Personen, in Flandern sogar mehr als 10.000. Das Impfprogramm mit dem russischen Vektor-Impfstoff Sputnik V nahm deutlich an Fahrt auf, Impfungen werden nicht nur in allen Kliniken und privaten Laborketten, sondern sogar in Theatern und Einkaufszentren angeboten – wenngleich nach wie vor die Impfskepsis im Allgemeinen hoch ist, was uns zum nächsten Thema bringt.

Die Impfbereitschaft

Unabhängig von der Verfügbarkeit der Impfdosen und der Organisation spielt die Impfbereitschaft der Bevölkerung eine große Rolle beim Ziel, der Pandemie Herr zu werden. Und hier ist die Bandbreite groß: In der Schweiz herrschte im Oktober noch eine regelrechte Impfskepsis und laut einer Umfrage der Forschungsstelle Sotomo waren nur 16 % der Befragten ohne Einschränkungen zu einer Impfung bereit. Diese Bereitschaft ist bis Mitte Jänner auf 41 % gestiegen. Im Impfvergleich liegt die Schweiz je nach Kennzahl mal knapp vor, mal knapp hinter Österreich. In Frankreich sinkt die bisherige Impfskepsis rasant, 60 % der Bevölkerung sind bereit, sich impfen zu lassen, Tendenz steigend. In den Niederlanden ist die Impfbereitschaft mittlerweile auch gestiegen: nach einer durchgeführten Befragung vom „Rijksinstituut voor Volksgezondheid“ zwischen 30. Dezember 2020 und 3. Jänner 2021 ist sie um 21 % gegenüber der letzten Befragung im November gestiegen.
77 % der Befragten gaben an, dass sie geimpft werden wollen, und 3 % möchten auch geimpft werden, aber zuvor wissen, ob sie Corona bereits hatten. Nur 4 % gaben an, dass sie nicht geimpft werden wollen. Die Impfbereitschaft steigt mit zunehmendem Alter. Seit der letzten Befragung hat die Impfbereitschaft insbesondere auch in der Gruppe der 40- bis 59-Jährigen um 25 % zugenommen. Die Bereitschaft der über 70-Jährigen stieg um 18 %.

Im Golfraum gibt es kaum Impfskeptiker, auch in China soll die Impfbereitschaft sehr hoch sein. Bei den Dänen wollen 87 % eine Impfung erhalten, in Spanien stieg die Impfbereitschaft von 40 % auf 70 % nach Anlaufen der Impfkampagne. In Japan möchten sich 39 % am liebsten sofort impfen lassen, 50 % haben keine Eile, nur 6 % wollen gar nicht.

Rumänen haben sehr polarisierte Meinungen bezüglich der COVID-19-Impfung, wobei eine Gruppe von Menschen für Impfungen offen ist (57 %). Aber es gibt auch eine große Gruppe, die skeptisch gegenüber den Impfungen ist (43 %).

Wie skeptisch die Bevölkerung eines Landes Impfungen gegenüber eingestellt ist, hat wenig mit der geographischen Lage zu tun, sondern man vermutet vielmehr, dass dies mehr mit den Erfahrungen der Vergangenheit zu tun hat, nämlich ob den Menschen die Erkrankungen, die bei Nicht-Impfung auftreten können, noch gegenwärtig sind.

Die gute Nachricht dabei ist, dass die Impfbereitschaft mit dem Beginn der Verabreichung der Impfungen prinzipiell zu steigen begonnen hat.

Impfungen und Tourismus

Für den Tourismus sind die Impfungen aus heutiger Sicht sehr wichtig, wenn nicht gar Grundvoraussetzung, da mit deren Start auch die Hoffnung auf baldige internationale Reisen gestiegen ist.

Und die Aussicht aufgrund einer Impfung ungehindert reisen zu können, scheint auch eine Motivation für die Menschen zu sein, sich impfen zu lassen. Eine im Jänner 2021 in den Niederlanden durchgeführte Umfrage von zoover.nl (Urlaubsbewertungs- und Buchungsplattform) zeigt, dass mehr als acht von zehn Niederländern, die in diesem Jahr Urlaub im Ausland machen möchten, bereit sind, sich gegen COVID-19 impfen zu lassen, wenn dies verpflichtend ist. Zudem stimmten fast drei Viertel der Befragten in den Niederlanden zu, dass eine Impfung bei Reisen ins Ausland obligatorisch sein sollte.

Sommer mit Aussicht auf Impfung

Nicht nur bei der Reise selbst, schon bei den Buchungen spielen die Impfungen eine beachtliche Rolle. Das hängt mit der von Menschen gewünschte Planungssicherheit zusammen. In Deutschland geht man davon aus, dass eine Vorhersehbarkeit im Impfgeschehen vorhanden sein muss, damit es zu einer Steigerung bei den Buchungen kommt.

Was aufgrund klarer Perspektiven passiert, sahen wir in Großbritannien: Nach der Kommunikation des Fahrplans zur Impfung und der damit einhergehenden Öffnungsschritte kam es zu einem gesteigerten Interesse und mehr Buchungen. (Ab frühestens 17. Mai 2021 könnten internationale Reisen wieder möglich sein. Bis zum 12. April 2021 soll es dazu nähere Infos geben, damit die Briten ihren Sommerurlaub planen können.) Die großen Reiseveranstalter, Online-Reisebüros, Fluglinien und Reisebüros meldeten sprunghafte Anstiege bei Buchungen. Die Buchungen seien „explodiert“. Auch in Schweden konnte man dies laut der großen Reiseveranstalter, wie TUI, Apollo und STS Alpresor feststellen, nachdem verkündet wurde, dass alle Schweden bis zum Sommer geimpft werden sollen. In den USA melden Fluglinien und Hotels bereits Anzeichen einer erhöhten Reiseintensität wohlhabender, meist älterer Menschen, die bereits geimpft wurden.

Die Konsequenzen der Impfung

Die Impfung gibt dem einzelnen wieder Sicherheit zurück und die Konsequenz ist unter anderem eine erhöhte Buchungsbereitschaft. Doch nicht nur die Einzelperson zieht ihre persönlichen Konsequenzen. Die Erleichterungen, die an die Impfung von den unterschiedlichen Organisationen, Unternehmen und auch Staaten geknüpft werden, sind ein vieldiskutiertes Thema.

In Europa wurde von Anfang an davon gesprochen, dass es keinen staatlichen Impfzwang geben werde. Dennoch empfinden es manche Menschen als Impfzwang, wenn gewisse Erleichterungen und Öffnungsschritte damit verknüpft werden. Diese Diskussion wird uns wohl noch länger begleiten.

Fluglinien, privaten Veranstaltern etc. steht es frei, einen Nachweis der „Immunität“ zu verlangen, wenn man ihre Dienstleistungen in Anspruch nehmen möchte. Es ist sowohl in deren Interesse als auch im Interesse aller, die diese Dienstleistungen in Anspruch nehmen, ein Gefühl der Sicherheit zu vermitteln bzw. eine Garantie für sicheres Reisen in Aussicht zu stellen. Andernfalls würden bedeutend weniger Menschen deren Angebote nutzen.

Air France testet ab März den ICC-AOK-Pass, eine mobile App, die es den Passagieren ermöglicht, die Ergebnisse ihres COVID-19-Tests sicher aufzuzeichnen. Passagiere können damit vor Abflug einfach kontrolliert werden, ob sie die Bestimmungen des Ziellandes erfüllen (PCR-Test, Antigen-Test, Impfung).

Air New Zealand startet im April mit einem ersten Versuch, die von IATA (International Air Transport Association) entwickelte Travel-Pass-App zwischen Auckland und Sydney einzusetzen. Die App ermöglicht es, COVID-19-Testergebnisse und Impfnachweise an einem zentralen Ort zu speichern. Diese Informationen sind mit dem Reisepass verknüpft und können beim Check-in kontrolliert werden.

Initiativen beim Immunitätsnachweis

Noch ist es nicht fix, inwieweit ein Mensch COVID-19 trotz Impfung oder überstandener Erkrankung weitergeben kann und wie Mutationen in diese Entwicklung hineinspielen. Im besten Falle sind wir immunisiert und können das Virus auch nicht weitergeben. Die dadurch gegebene Möglichkeit, wieder ungehindert und in Sicherheit reisen zu können, scheint eine große Motivation für Menschen zu sein. Dieses Sicherheitsgefühl gilt es wieder herzustellen, und sei es mit jeglicher Art von Nachweis der Immunität. Diesbezüglich laufen momentan etliche Initiativen parallel.

So wird beispielsweise in Ungarn mit Anfang März der „Immunitätsausweis“ für Geimpfte, Genesene und Antigen-Getestete ausgestellt. In Rumänien wurde angekündigt, dass für Reisende, die aus Ländern mit einem hohen epidemiologischen Risiko zurückkehren, keine Quarantäne mehr erforderlich ist, wenn diese Personen eine Impfung gegen COVID-19 nachweisen. In Slowenien darf man einreisen, wenn man COVID-19 erkrankt war oder schon dagegen geimpft ist. In Russland sind sogar gesetzgebende Initiativen zur möglichen Einführung eines Impfpasses als Voraussetzung für Reisen innerhalb Russlands im Gespräch, in puncto Auslandsreisen wird eine Regelung wie etwa der von Österreich bzw. der EU angedachte „Grüne Pass“ herbeigesehnt.

Die Schaffung eines – im Idealfall EU-weit gültigen – Reise- und Impfausweises wird als Konzept für sicheres Reisen auch von italienischer Seite sehr forciert und findet in der Bevölkerung breite Zustimmung. Mit dem nun auf EU-Ebene gestarteten Vorhaben zur Einführung eines Immunitäts-Nachweises wird eine große Hürde genommen, um das Reisen in Sicherheit und mit Verantwortung wieder zu ermöglichen.

Herdenimmunität und das Reisen

Wieder Ungarn als Beispiel: Hier wird auf allen möglichen Medienkanälen kommuniziert, dass der Impfstoff der einzige Weg sei, die Pandemie zu stoppen und die Maßnahmen zu lockern. Es wird immer wieder betont, dass die Beschränkungen erst dann aufgehoben werden, wenn eine partielle Durchimpfung vorhanden ist. In den USA führen das zügige Voranschreiten der Impfungen und die hohe Anzahl von bereits erkrankten Menschen zu aktuellen Prognosen, eine weitgehende Herdenimmunität in den USA im Laufe des Sommers 2021 zu erwarten. In Belgien befürchten Experten, dass eine Impfung von 70 % der belgischen Bevölkerung nicht ausreicht, um eine Herdenimmunität zu erreichen. Dafür sollten 80 oder sogar 90 % der Einwohner geimpft sein.

Wie auch immer diese Diskussion ausgeht: Letztendlich muss man festhalten, dass internationaler Tourismus nur dann wieder richtig aufleben kann, wenn Menschen auch weltweit eine gewisse Immunität aufgebaut haben und – zur Sicherheit aller – einen Nachweis dazu erbringen können.

Stand 24.3.2021

Im Anschluss finden Sie das ÖW Global Dashboard, in dem Sie einen Überblick über die momentanen Neu-Infektionen und den Stand der Impfungen pro Herkunftsland erhalten.