Internet of Things

Internet der Dinge und Smart Environment

“Wenn Sie denken, dass das Internet Ihr Leben verändert hat, denken Sie noch einmal nach. Das Internet of Things ist dabei, alles noch einmal zu ändern!" - meint Brendan O’Brien von Aria Systems.

Nachdem das Internet den Lebensraum des modernen Menschen bereits ein erstes Mal revolutioniert hat, steht eine weiterer großer Schritt unmittelbar bevor: Das Internet der Dinge wird die digitale Vernetzung vom Bildschirm endgültig unseren Alltag durchdringen lassen. Miteinander verbundene Computer sollen Menschen unterstützen, ohne abzulenken oder überhaupt aufzufallen. Der große Unterschied zum Internet und dem Computer als Endgerät besteht darin, dass ein Input vonseiten der Benutzerinnen und Benutzer meist überflüssig wird: Das Gerät übernimmt die Eingabe von Aufgaben ganz autonom.

Ein entsprechendes Szenario könnte etwa so aussehen: Mit dem Klingeln des Weckers am Morgen informiert dieser die Kaffeemaschine, sich schon einmal aufzuheizen. Das autonom fahrende Auto kennt, dank des Smartphone-Kalenders, bereits den Weg zum ersten Termin des Tages. Ein weiteres Gerät erkennt, dass ein Stau bevorsteht – und gibt dem Smartphone wiederum den Auftrag, die anderen Teilnehmer des Termins über die Verspätung zu informieren.

Ob so ein Extremszenario wünschenswert ist, sei dahingestellt. In jedem Fall bieten die Anwendungen des Internet of Things jedoch Anwendungen, die in vielen Bereichen der Touristik hilfreich sein können. Vor allem in den Bereichen Prozess- und Serviceoptimierung besteht großes Potenzial: Vernetzte Kühlschränke im Hotelzimmer zum Beispiel stellen sicher, dass die Minibar bei Bedarf sofort aufgefüllt wird, autonome Shuttles erleichtern den Weg zum auf dem Smartphone gewählten Restaurant – die denkbaren Möglichkeiten sind mehr als vielseitig.

Aufenthalte in Städten werden sich durch das Internet of Things merklich verändern – und vereinfachen. Unter dem Begriff „smart city“ sind die Entwicklungskonzepte zusammengefasst, die in Zukunft das Zusammenleben im urbanen Raum noch besser organisieren und effizienter gestalten sollen. Das Konzept beinhaltet neben wirtschaftlichen und gesellschaftlichen vor allem technologische Innovationen, deren Potenzial sich weitestgehend aus den Anwendungen des Internet of Things erschöpft. Dieses soll in erster Linie helfen, die Infrastruktur allgemein und vor allem öffentliche Transportmittel zu optimieren. So sollen Staus vermieden und die Effizienz der Fortbewegung erhöht werden. Gerade für Reisende bieten solche Systeme zusätzlichen Komfort. 

Die intelligenten Anwendungen des Internet of Things sind eng mit den Fortschritten in vielen anderen Bereichen verknüpft. Artificial Intelligence, hier vor allem das Prinzip des Deep Learning, sind essentiell für die Weiterentwicklung der persönlichen Assistenten, aus denen sich das Netz erst zusammensetzt. Damit diese Aktionen erst umsetzen lassen können, sind auf einer weiteren Ebene beispielsweise Roboter und autonome Fahrzeuge notwendig. Doch nicht zuletzt sollte darauf geachtet werden, die Cybersecurity nicht aus den Augen zu verlieren – denn je selbstständiger Technologien sind, desto mehr Daten über die Menschen reichern sie an.

Das Internet of Things zeigt eindrucksvoll, wie die auf den Österreichischen Tourismustagen 2017 thematisierten Fortschritte ihren Weg in unseren Alltag finden. Obwohl viele Anwendungen heute noch utopisch scheinen, sollten Touristikerinnen und Touristiker schon heute daran denken, mit welchen Aufgaben, aber auch Erleichterungen diese Technologien sie morgen schon konfrontieren werden. 

Hiroshi Ishii

Professor am MIT

Hiroshi Ishii (JP/US) ist Jerome-B.-Wiesner-Professor of Media Arts and Sciences am MIT Media Lab, Co-Direktor des Things That Think (TTT) consortium und Leiter der Tangible Media Group, die er mit der Vision einer neuen Interaktion von Mensch und Computer gegründet hat: „Tangible Bits” and „Radical Atoms.” Diese Vision haben er und sein Team an einer ganzen Reihe von Institutionen für Wissenschaft, Kunst und Industriedesign vorgestellt, darunter ACM SIGCHI, ACM SIGGRAPH, Cannes Lions Festival, Aspen Ideas Festival, Industrial Design Society of America, AIGA, Ars Electronica, Centre Pompidou und Victoria and Albert Museum. 2006 wurde Ishii von ACM SIGCHI an die CHI Academy berufen. In den Jahren vor seiner Tätigkeit am MIT Media Lab leitete Ishii eine Forschergruppe am NTT Human Interface Laboratories Japan, wo sein Team die TeamWorkStation und das ClearBoard erfand.

Das Team von Professor Hiroshi Ishii hat sich zum Ziel gesetzt, Visionen neuer Interaktionen zwischen Mensch und Maschine zu skizzieren und Ideen von morgen schon heute erlebbar und greifbar zu machen. Seine Vision der „RADICAL ATOMS“ ist war der Namensgeber des letztjährigen Ars Electronica Festival 2016, das dieses Jahr in Kooperation mit den Österreichischen Tourismustagen stattfindet. 

Interview von Martin Hieslmaier

“Radical Atoms” ist der Titel Ihrer Zukunftsvision von menschlicher Interaktion. In diesem Jahr wird sich auch das Ars Electronica Festival 2016 mit einer zentralen Ausstellung dieser Thematik widmen. Wie sieht Ihre Vision der „radikalen Atome“ eigentlich aus? Worum geht es dabei? Und warum nennen Sie es radikal?

Hiroshi Ishii: “Radical” kommt von dem Begriff der “freien Radikale”, wie es auch von ChemikerInnen verwendet wird. In der Chemie bezeichnet der Begriff der freien Radikale Atome, Moleküle und Ionen mit ungepaarten Elektronen. Sie sind instabil, sehr dynamisch und wandelbar. Der Ursprung von „radikal“ liegt also in der Chemie, beim Ars Electronica Festival 2016 wollen wir den Begriff jedoch als Ausgangspunkt verwenden, um uns über „freie Atome“ und dynamische Materialien der Zukunft zu unterhalten.

Sie denken bereits über die nächsten Mensch-Maschine-Schnittstellen nach. Welche grundlegenden Elemente benötigt eine Schnittstelle dieser Art eigentlich?

Hiroshi Ishii: Derzeit gibt es einen großen Hype, der die Virtuelle Realität erblühen lässt. Auch dieses Interview, das wir gerade als Skype-Konferenz führen, aber auch Computer, Smartphones, Tablets und Fernseher, alles ist grundsätzlich auf Pixel aufgebaut. Hier treffen Photonen auf unsere Netzhaut und täuschen uns eine optische Illusion vor.

Denken Sie doch nur an Ihre Liebsten – Sie müssen ihren Herzschlag und ihre Wärme spüren, um an ihre Existenz zu glauben. Bildschirme können das nicht. Unsere Vision, „Tangible Bits“, hat sich genau daraus entwickelt, dass wir die Pixelwelt hinter uns gelassen haben. In Radical Atoms steckt diese Denkweise genauso. Radikale Atome sind so „frei“ wie wir. Damit sind nicht notwendigerweise die Daten gemeint, aber vielmehr eine völlig unterschiedliche Weltsicht. Ich bin ein Forscher; meine Aufgabe ist es, radikal andere, neue und einzigartige Ideen vorzuschlagen. Wir wissen dabei aber nicht, ob wir damit Erfolg haben werden oder gar scheitern. Das Pixelimperium ist so stark!

Was brauchen Ihrer Meinung nach die AlchemistInnen unserer Zeit, WissenschaftlerInnen und KünstlerInnen, um solch stark inspirierende Projekte schaffen zu können?

Hiroshi Ishii: Keiner von uns beiden hat Englisch als Muttersprache, aber wir sprechen notwendigerweise Englisch, um miteinander kommunizieren zu können. In derselben Art und Weise müssen wir alle die gleichen Sprachen an Kunst, Design, Wissenschaft und Technologie sprechen können, gerade dann, wenn es darum geht, neue Materialien zu erfinden, mit denen man sich ausdrücken kann, mit denen man kommunizieren oder provozieren kann. Alle müssen alle Sprachen fließend sprechen können, wenn sie den Ansatz der „Alchemists of our time“ verfolgen wollen. Die AlchemistInnen von heute sind aber nicht AlchemistInnen der Chemie oder der Physik. Sie müssen eine Sprache sprechen, die noch viel breiter ist – technologisch, künstlerisch, gestalterisch und wissenschaftlich. Und wir müssen auch die unternehmerischen Auswirkungen verstehen lernen.
Materialien sind gute Ausgangspunkte dafür. Man entwickelt neue Materialien, um ihre oder seine Ideen ausdrücken zu können. Wenn man ein Bildhauer ist, verwendet man seine Hände, um Ton zu formen. Ein Tänzer oder Choreograph setzt seinen Körper ein. Eine Musikerin greift auf ihr Klavier zurück, um zu spielen und zu komponieren. Aber wie materialisiert man seine Idee? Wie schafft man neue Materialien, um die Idee wiederzugeben? Das ist besonders wichtig. Ich glaube, die AlchemistInnen dieser Zeit sollten wirklich all diese Sprachen sprechen, die Ideen zwischen den Sprachen übersetzen können, und sie sollten Freude daran haben, verrückte Materialien zu erfinden, die zuvor noch nie jemand gesehen oder berührt hat. Und somit werden sie die ersten Menschen auf diesem Planeten sein, die ihr eigenes Material für wissenschaftliche Experimente verwenden können, für künstlerische Ausdrucksformen und für die Gestaltung, oder was auch immer. „BioLogic“ ist ein sehr feines Beispiel dafür. Wir haben dabei eine zweite atmende Haut entwickelt, die sich Bakterien zunutze macht. Die Mensch-Maschine-Schnittstelle ist ein altes Paradigma, aber eine Schnittstelle zwischen dem Menschen und einer lebenden Maschine ist doch etwas Neues. Wir können Paradigmen bewegen, wenn wir neue Materialien erfinden. All das bringt uns auch neue Bedeutungen über die künstlerische, die wissenschaftliche, die gestalterische und die technologische Sichtweisen.