Die Russen sind wieder da

Die Russen sind wieder da

Nach den Krisenjahren 2014 und 2015 sind in Österreich wiederum Nächtigungszuwächse aus Russland zu verzeichnen. Zur Entwicklung des Rubelkurses, der Haltung der Russen zu Europa und zu Urlaub in Österreich sowie zu Trends in der russischen Gesellschaft berichtet Gerald Böhm, Markt Manager Russland.

Russland ist – als Herkunftsmarkt für den österreichischen Tourismus – wieder in den schwarzen Zahlen. Besonders deutlich bergauf ging es zuletzt in Wien, wo ein Nächtigungszuwachs von 32,3% im März die Russen zurück unter die Top-5 der international wichtigsten Herkunftsnationen hievte. Ankunfts- und Nächtigungszahlen aus Russland sind also wieder im Steigen begriffen.

Doch was hat die wirtschaftliche Dürre der vergangenen fast drei Jahre verändert?

Für die meisten Russen – insbesondere die urbane Bevölkerung – markiert die Stabilität des russischen Rubels, die sich im Herbst des vergangenen Jahres wieder einstellte, das Ende der Krise. So günstig wie einst – um rund 40 Rubel – ist der Euro jedoch nicht mehr zu haben. Rund 60 Rubel legt man in russischen Wechselstuben für einen Euro auf den Tisch – deutlich mehr als noch 2013, aber auch wesentlich weniger als ab dem Frühjahr 2014, als mit einem Kurs von 80 Rubel der Euro rund doppelt so viel kostete wie zuvor.

Die Sanktionen bei Lebensmittelimporten sind zwar weiterhin aufrecht, sie haben jedoch bei den Russen das Bewusstsein für regionale Produkte gestärkt. Die Gastronomie russischer Metropolen ist mittlerweile geprägt von Lebensmitteln russischer Provenienz. Dem Angebot in den Supermärkten sind die nach wie vor bestehenden Einfuhrsperren bei gewissen Produktgruppen nicht anzumerken – nicht zuletzt aufgrund dessen, dass lokale Produzenten auf die neuen Marktchancen reagiert haben und neue, qualitativ hochwertige Erzeugnisse anbieten.

Verstärkt wurde durch die Krise auch das Paradoxe an der russischen Haltung gegenüber Europa: Medial stark antieuropäische Berichterstattung steht einer neu erwachten Sehnsucht nach Europa gegenüber. Während durch die geringe Kaufkraft und die unstete Kursentwicklung des Rubels 2014 und 2015 Auslandsreisen für viele unerschwinglich geworden waren, gilt es jetzt wieder, Versäumtes nachzuholen. Besonders sehnen sich russische Konsumenten nach Sauberkeit, Ordnung und Qualität, für die Europa und insbesondere Österreich geradezu ein Synonym darstellt.

Gestiegen ist durch die Krise die Preissensibilität der oberen Mittelklasse Moskaus und St. Petersburgs. An der generellen Affinität für die Vorzüge eines Österreichurlaubs hat sich nichts geändert: Im Winter besticht Österreich unter den neuen Voraussetzungen mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis bei hoher Service-, Infrastruktur und Erlebnisqualität. Wien übt mit imperialem Erbe, Kunst, Kultur und Kulinarik ungebrochene Anziehungskraft auf russische Gäste aus – auch Salzburg, dessen Festspiele im heurigen Jahr mit einem Russland-Schwerpunkt aufwarten, kann zuversichtlich sein.

Zu realisieren gilt es das Potenzial, russische Familien in den wohl längsten Schulferien Europas (Juni-August) für Aktivurlaub in den Bergen samt Bade- und Ausflugsmöglichkeiten zu begeistern. Dank Öko-, Bio- und Gesundheitstrend, die auch in Russland immer mehr das Konsum- und Urlaubsverhalten prägen und der anhaltenden Individualisierung des Buchungsverhaltens, stehen auch hier die Zeichen günstig.