Erlebnissen auf die Sprünge helfen

Erlebnissen auf die Sprünge helfen

Die Berge sind naturgegebene Erlebnisareale. Wer mit Inszenierungen nachhilft, kann die verborgenen Besonderheiten im alpinen Raum für den Gast noch klarer erkennbar machen und sie um spannende Elemente bereichern.

EIN BEITRAG AUS DEM BULLETIN JUNI-JULI 2017

Spielplätze, Aussichtsplattformen, Erlebniswege: In der jüngeren Vergangenheit haben sich die heimischen Tourismusdestinationen und Bergbahnen vermehrt darum bemüht, durch den Aufbau von Freizeitarealen auch in den Sommermonaten Angebote für die Gäste zu schaffen. Ziel ist nicht nur, die Auslastung der Infrastruktur durch Attraktionen zu erhöhen, sondern auch das Profil in den Region zu schärfen und Alleinstellungsmerkmale zu schaffen. Diese Investitionen und die damit verbundene strategische Änderung wirken sich direkt auf die Nächtigungsund Gästezahlen sowie auf die Aufenthaltsdauer in den Regionen aus, ist man bei den Besten Österreichischen Sommerbergbahnen (BÖSB), einer Vereinigung von mittlerweile 60 Seilbahnunternehmen, überzeugt. Die Anzahl der Vollbelegstage konnte in den letzten zehn Jahren teilweise um bis zu 22,5 Prozent gesteigert werden, außerdem bleiben die Gäste um rund 30 Prozent länger als im jeweiligen Bundesland- Durchschnitt. „Die Mitglieder, die sich einer strengen Zertifizierung unterzogen haben und in einem 3-Jahres- Rhythmus nachüberprüft werden, punkten mit ihrer konsequenten Qualitätssteigerung und sind damit eine Voraussetzung für eine dynamische touristische Gesamtentwicklung“, weiß Erik Wolf, Geschäftsführer des Fachverbands der Seilbahnen in Österreich.

ANIMATION NOTWENDIG
Warum Naturinszenierungen für Gäste notwendig sind, weiß Martin Schmidli von Kohl & Partner. Zum einen erklärt sich die Natur nicht von selbst: Gäste von heute – insbesondere Kinder – haben es gelernt, unterhalten und animiert zu werden. Viele Menschen tun sich schwer, selbst spannende Dinge in den Bergen zu entdecken und auch Kindern den erforderlichen Spielraum zu geben, um einen Spaziergang oder eine Wanderung zu einem Erlebnis werden zu lassen. Für diese Zielgruppen ist es laut Schmidli erforderlich, in den Bergen überschaubare und abgegrenzte „Spielbereiche“ zu haben, um Unfälle zu vermeiden. Mit sanften Inszenierungen können diese verborgenen Besonderheiten erkennbar gemacht werden.

ZWEITES STANDBEIN GEFRAGT
Nach schneearmen Wintersaisonen setzen sich immer mehr Bergbahnen mit Möglichkeiten zur Belebung des Sommer- bzw. Ganzjahrestourismus auseinander. „Aber auch die Destinationen, die bisher ganz gut vom Winter gelebt haben, stellen nun fest, dass es sich auf zwei Beinen besser steht“, so Christian Lang, Geschäftsführer des Kreativunternehmens pronatour. Dieser Bedarf sei bei den Bergbahnen in der Schweiz, die nicht nur mit einer mäßigen Schneeversorgung, sondern auch mit dem Frankenverfall zu kämpfen haben, bereits deutlicher spürbar als in Österreich. Ein wichtiges Kriterium für den Erfolg von Inszenierungen ist ein klar gewähltes Thema, das sich wie ein roter Faden über das Angebot zieht, weiß Lang. „Wenn der Fahrplan einmal steht, fällt es in der Regel auch leichter, neue Partner für die Beteiligung zu begeistern“, so Lang. Denn die Umsetzung solcher Projekte sei nicht immer einfach: Im Sommer ergäben sich häufiger Nutzungskonflikte mit Grundstücksbesitzern, Landwirten und der Jägerschaft als im Winter.

FAMILIEN ABHOLEN
Das Angebot unter ein gemeinsames Thema zu stellen und in ein klares Konzept einzubetten, erleichtert auch die Vermarktung, weiß Werner Vetter, Geschäftsführer des Unternehmens faszinatour ADVENTURE PARK SOLUTIONS. Unter diesem gemeinsamen Themendach brauche es eine Kombination verschiedener Attraktionen, die den Gast dort abholen, wo er sich aufhält. Daher spielt neben der Belebung der Bergstation auch die Fortsetzung des Konzepts an der Mittelstation und im Tal eine wichtige Rolle. Wenn das Angebot umfassend ist und Erlebnisse für alle Altersgruppen bietet, wird es für den Gast auch attraktiver, mehrere Tage in der Region zu verbringen. Wer einen Hochseilgarten oder einen Kletterwald errichtet, sollte auch auf die Kinder nicht vergessen: Auf modernen Spielplätzen beispielsweise können auch die Kleinen schon auf einem niedrigen Kletterparcours turnen und dabei ganz wie die Großen am Gurt hängen.

ABENTEUER GEFRAGT
Grundsätzlich beobachtet Vetter eine wachsende Nachfrage nach Erlebnissen mit Abenteuercharakter, die mit tiefen menschlichen Sehnsüchten spielen. So greift etwa die Zipline, die Besucher über ein Stahlseil den Berg hinabsausen lässt, den Traum vom Fliegen auf. Und das beliebte Angebot wird ständig weiterentwickelt: Bei den neuesten Zipline-Angeboten ziehen Besucher nicht mehr allein durch die Luft, sondern genießen das Erlebnis auf vier parallel verlaufenden Linien gemeinsam mit ihren Freunden. Vielfach werden auch ganze Zipline-Parcours errichtet, die über Zwischenstationen bergab führen.

VORHANDENES NEU AUFLADEN
Auch am Berg steht die Zeit nicht still – laufende Neuerungen sind gefragt. Mit einer Erlebniseinrichtung, die heute modern ist, können sich Touristiker schon wenige Jahre später nicht mehr von den Mitbewerbern abheben. Doch die Attraktionen müssen oft nicht neu erfunden werden, weiß Hannes Triebnik, Geschäftsführer bei „input Projektentwicklung“. Häufig reicht es aus, Vorhandenes weiterzudenken und neu aufzuladen. Die Firma input arbeitet derzeit beispielsweise an dynamischen Plattformen, die sich mit den Besuchern bewegen.

ÜBERRASCHUNGEN IN DER GONDEL
Auch die Seilbahnen erfinden sich selbst neu und werden von bloßen Transportmitteln zu Erlebnisschauplätzen: Auf der Schmitten in Zell am See beispielsweise waren im vergangenen Winter erstmals sechs Jukeboxx-Gondeln unterwegs. Die Fahrgäste loggen sich mit dem Smartphone in das kostenlose WLAN ein und werden automatisch auf die Jukeboxx-App verlinkt. Über diese können sie ihren Lieblingstitel auswählen und während der Fahrt genießen. Und Hochsöll macht die Gondelfahrt für Kinder zu einem märchenhaften Erlebnis. Jede zweite Gondel wurde außen mit einem Bild aus dem Märchen „Hans im Glück“ beklebt, auch im Innenraum der Gondel sowie beim Ein- und Ausstieg wird das Märchenthema aufgegriffen. Auch Virtual Reality wird in Zukunft in den Seilbahnen Einzug halten, ist Triebnik überzeugt. So wird es schon bald möglich sein, den Gast während des Aufstiegs mit der Seilbahn kurz in eine andere Welt zu versetzen oder ihm einen neuartigen Blick auf die vorbeiziehende Landschaft zu eröffnen.