Begeistern als Berufung

Begeistern als Berufung

Thomas Brezina erzählt Geschichten – in Büchern, im Fernsehen und auf Erlebniswegen. Was ihn antreibt und wie es ihm gelingt, Erwachsene und Kinder zum Staunen zu bringen, darüber hat der Bestsellerautor mit dem bu//etin gesprochen.

bu//etin: Wie haben Sie Ihre Leidenschaft fürs Schreiben und Moderieren entdeckt?

Brezina: Ich habe mich schon als Kind an meinem ersten Buch versucht und habe dann mit 15 Jahren eine Kinderserie geschrieben. Damit habe ich den „Österreichischen Kinder- und Jugendpreis“ gewonnen – das war der Start. Nach der Matura habe ich dann begonnen, fürs Radio und fürs Fernsehen zu schreiben, und die Dinge nahmen ihren Lauf. Ich habe nie darüber nachgedacht, es hat mir einfach schon immer Freude gemacht, Geschichten zu erzählen. Auch wenn das Schreiben selbst sehr anstrengend ist: Wenn ich mit einem Buch fertig bin und merke, dass ich die Menschen damit berühre, dann macht mich das glücklich.

Was bereitet Ihnen an Ihrer Arbeit für Kinder und mit ihnen am meisten Freude?

Was mir Freude macht, sind die Offenheit und die Begeisterungsfähigkeit der Kinder. Die Neugier, mit der sie auf die Dinge zugehen. Das sind die unglaublichen Stärken der Kinder, von denen wir uns auch als Erwachsene eine dicke Scheibe abschneiden können.

Welche Erlebnisse mit Kindern sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Da gab es sehr viele. Das Schönste ist für mich, wenn mir mittlerweile erwachsene Leser erzählen, was die Geschichten für sie als Kinder bedeutet haben – das ist die größte Auszeichnung für mich. Bei Kindern ist es die Begeisterung: Da gibt es einen Buben in Linz, der viele Monate im Krankenhaus bleiben musste und immer von Tom Turbo träumte. Den haben wir dann besucht und ihn zum Strahlen gebracht, das war ein sehr schönes Erlebnis.

Auf welche Errungenschaften sind Sie besonders stolz?

Worauf ich stolz bin, ist, dass ich viele Kinder, die vielleicht vorher gar keine Bücher gelesen haben, dazu gebracht habe, doch zu lesen. Kindern zu zeigen, dass Lesen ein Abenteuer sein kann, das macht mir Freude.

Sie pendeln zwischen Wien und London: Wo fühlen Sie sich zu Hause?

Ich fühle mich in beiden Städten zu Hause. Natürlich, ich bin Wiener, hier sind meine Wurzeln. Das ist auch gut so, weil wir Österreicher eine besondere, sympathische Mentalität haben, die sehr hilfreich ist. Auch Österreichs Köche und Touristiker begeistern auf der ganzen Welt mit ihrer Herzlichkeit. Aber London ist eine Weltstadt, da gibt es so viel zu entdecken, unglaublich viele Ideen und eine große Dynamik, das mag ich auch wahnsinnig gerne.

Welche Beziehung haben Sie zum Reisen?

Ich reise sehr, sehr gerne. Reisen bedeutet, dass in meinem Kopf die Ideen in Gang kommen und stärker fließen. Wenn ich in einer Geschichte feststecke und zurück nach Wien muss, dann kommen meine Gedanken oft schon am Flughafen im Kopf wieder in Bewegung. Wegzukommen aus dem, was man jeden Tag um sich hat, weitet den Blick. Meine privaten Reiseinteressen mache gerne Ausflüge rund um Wien, liebe aber auch Griechenland, Island und die USA.

Wie gewinnen Sie Inspiration für Ihr Schaffen?

Überall. Sehr viel aus Gesprächen, aus Beobachtungen, aus Dingen, die ich sehe und höre. Diese Eindrücke sind wie Blumensamen. Manche sprießen gleich, manche bleiben lange in der Erde, bis sie aufgehen. Und manche kommen nie ans Licht.

Sie haben in den letzten Jahren Erlebnisprojekte in Serfaus-Fiss-Ladis in Tirol und am Flughafen Wien umgesetzt. Wie müssen diese Angebote gestaltet sein, um bei Kindern zu punkten?

Sie müssen Kinder neugierig machen und faszinieren. Bei den Abenteuer-Wanderwegen ging es darum, Wandern für Kinder attraktiv zu machen. Meine Mutter hat mir früher immer erzählt, dass zwischen den Bergen geheimnisvolle Wesen leben, nach denen ich Ausschau halten sollte. So hat sie mich wirklich zum Gehen motiviert. Bei den Abenteuerwegen haben wir etwa ein Haus, das auf dem Kopf steht, ein Piratenschiff und faszinierende Flugobjekte, auf die man sich auch setzen kann, direkt in die Wälder gebaut. Die Eltern berichten dann, dass sie die Kinder kaum bremsen können. Die Überraschungen und die vielen faszinierenden Objekte zum Angreifen machen das Angebot aus. Es gibt schon Überlegungen für weitere Projekte.

Wie viel Inszenierung braucht die Natur?

Das würde ich so nicht formulieren. Der Forscherweg ist eine Inszenierung, um Natur zu erleben, um die kleinen Dinge zu entdecken, die großartig sind und die wir groß darstellen. Die anderen Wege sind Abenteuer: Alle Kinder träumen davon, dass sie um die Ecke gehen und in ein Abenteuer stolpern. Das haben wir hier umgesetzt.

Welchen Beitrag kann das Smartphone beim Bergerlebnis leisten?

Es erweckt die Geschichten zum Leben und ist wie ein kleiner Reiseführer, der von einem Rätsel zum nächsten leitet. Wer die Rätsel richtig löst, erhält am Schluss eine Urkunde. Dieses Erfolgserlebnis lieben alle, von den Kleinen bis zu den Großeltern. Die Kinder sind bei ihren Erlebnissen interessanterweise mit den Blöcken unterwegs, die bei den Rätseln Anleitungen geben. Es sind die Eltern, die mithilfe der App die Fragen stellen und die Antworten eingeben. Was haben ein gutes Kinderbuch und ein gelungener Erlebnisweg gemeinsam? Eine gute Geschichte, die berührt und fasziniert.

Mit welchen Strategien bringen Sie auch die Erwachsenen zum Staunen – etwa in der neuen Erlebniswelt am Flughafen Wien?

Geschichten zu erzählen ist Geschichten zu erzählen, das funktioniert in jedem Alter. Das Projekt am Flughafen Wien ist als Erlebniszentrum für ein erwachsenes bzw. ein Familienpublikum konzipiert. Man erlangt sehr viel Wissen etwa über die spannenden Vorgänge im Tower oder den Weg, den das Gepäck vom Check-in bis in den Flieger nimmt. Kinder sind davon auch fasziniert. Sie verstehen nicht jedes Detail, aber das macht ja nichts. So kommen sie gerne wieder. Grundsätzlich freuen sich ja auch Erwachsene darüber, wenn die Dinge einfach erklärt werden. Das ist der Erfolg meiner Wissenssendungen im Fernsehen: dass viele Erwachsene sagen können: „Endlich verstehe ich Chemie und Physik.“

Wo sehen Sie beim heimischen Tourismusangebot noch Potenzial, die Bedürfnisse von Kindern und Familien besser zu erfüllen?

Ich glaube, es ist wichtig, mit Ferienund Freizeitangeboten die ganze Familie anzusprechen. Für jede Altersgruppe sollten Erlebnisse bereitstehen, über die man sich am Abend austauschen kann. Breit gestreute Angebote sind ganz wichtig.

Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?

Ich werde weiterhin Bücher schreiben und meine Geschichten erzählen, auch über Apps, elektronische Bücher und in Erlebnisräumen. Ich möchte die Menschen auch in Zukunft berühren und begeistern – in welchem Medium auch immer. Damit werde ich nie aufhören.