Der Wettermacher

Der Wettermacher

Seit 1995 sagt uns der Meteorologe und ORF-Moderator Marcus Wadsak, ob Regen oder Sonnenschein bevorsteht. Mit dem bu//etin hat er über die Rolle von Wetterprognosen bei der Reiseplanung und die möglichen Folgen des Klimawandels auf das Urlaubsland Österreich gesprochen.

bu//etin: Was fasziniert Sie an der Meteorologie?

Marcus Wadsak: Das Interesse am Wetter rührt schon aus meiner Kindheit her. Den ersten Impuls gab mein Großvater, der Wetteraufzeichnungen machte. So konnte er feststellen, welche Wetterverhältnisse sich wiederholen, was sich gegenüber dem Vorjahr verändert hat etc. Das hat mich schon als Kind fasziniert und ich wollte verstehen, was beispielsweise bei einem Gewitter passiert.

Wie hat Ihr Weg Sie in die ORF-Wetterredaktion geführt?

Während des Schreibens meiner Abschlussarbeit für mein Meteorologie-Studium habe ich einen Anruf vom ORF erhalten, mit der Frage, ob ich in der Wetterredaktion arbeiten möchte. Dann ging alles ziemlich rasch, mein Teilzeitjob wurde schnell zum Vollzeitjob und ich bin dann über die Ö3-Wetterredaktion zum Fernsehen gekommen, wo ich erstmals bei der Nachmittagssendung „Willkommen Österreich“ vor der Kamera stand. Jetzt bin ich seit fünf Jahren Leiter der Wetterredaktion. Eine turbulente Zeit, bei der auch viel Glück und Zufall im Spiel war.

Wie haben sich die Abläufe in der Wetterredaktion in den letzten Jahren durch neue Technologien und Medien verändert?

Radikal und in einer unvorstellbaren Geschwindigkeit. Als ich begonnen habe, kamen jede halbe Stunde Satellitenbilder und wir haben jede Stunde Meldungen von ein paar wenigen Wetterstationen per Fernschreiber bekommen. Mittlerweile erhalten wir die Satellitenbilder alle 15 Minuten, mehr als 250 Messstationen informieren uns über die Wetterverhältnisse und wenn ein Blitz einschlägt, haben wir den nur eine Sekunde später auf dem Bildschirm. Auch die unglaubliche Entwicklung der Computer, die heute auch große Datenmengen schnell verarbeiten können, ist ein Vorteil.

Wie können Wetterprognosen in Zukunft noch genauer werden?

Das ist schwer zu sagen. Die Kurve wird zunehmend flacher, weil die Vorhersagen schon jetzt fast immer zutreffen. Ich halte den 15-Tage-Trend, den wir anbieten, auch in Zukunft für das Limit. Und es wird weiterhin Dinge geben, die man nicht vorhersagen kann, das ist auch gut so.

Wie geht es Ihnen damit, jeden Tag mit einer scheinbar unberechenbaren Größe wie dem Wetter zu tun zu haben?

Das Wetter ist heute schon so gut berechenbar, da sind Überraschungen selten. Ich kann mich erinnern, als ich begonnen habe, gab es Prognosen für drei Tage, heute sind wir bei sieben bis 15 Tagen. Und die Prognosen für die nächsten Tage sind auch schon bis auf den Stundenbereich genau. Dass die Vorhersage einmal danebengeht, passiert, aber die Trefferquote für die nächsten drei Tage liegt bei über 90 Prozent, darauf ist schon Verlass.

Wodurch zeichnet sich das Wetter in Österreich aus?

Dass wir auf kleinem Raum unterschiedlichste Wetterverhältnisse haben können. In Österreich gibt es mehrere Klimazonen – das alpine Klima im Westen, im Osten den Einfluss des pannonischen Klimas mit vielen Sonnenstunden und im Süden die Einwirkungen des mediterranen Klimas. Und dann gibt es noch die Alpen, die das Wetter wesentlich mitgestalten.

Wie prägt das Wetter das Image des Urlaubslands Österreich?

Das Wetter in Österreich ist dafür bekannt, dass wir alles haben. Wir fahren Ski im Winter und baden in den Seen im Sommer. Österreich wird besonders im Sommer ein immer attraktiveres Urlaubsland. In den letzten Jahren gab es ja von Mai bis September immer wieder herrliches Badewetter. Außerdem wird es in den südlichen  Ländern oft schon zu heiß und auch das Meer schafft keine Abkühlung mehr.

Erreichen Sie auch Urlauber über die Medien, z. B. über die sozialen Netzwerke?

Über die sozialen Medien erreiche ich Menschen aus Österreich oder dem benachbarten Ausland, die vielleicht ORF schauen. Denn jedes Land hat seine eigenen „Wetterstars“. Mein Fokus liegt seit 30 Jahren auf Österreich, dafür kann ich nicht sagen, wie hoch die Wellen an der deutschen Nordküste morgen sein werden. Fragen zum Urlaubswetter kommen hauptsächlich von Österreichern. Der niederländische Gast wird sich eher auf der Website über das Wetter erkundigen.

Österreichs Tourismus hat sich in den letzten Jahrzehnten „wetterfest“ gemacht und Angebote für verregnete Sommer und schneearme Winter geschaffen. Mit welchen Herausforderungen haben Touristiker in Zukunft zu rechnen?

Das Angebot ist wahnsinnig groß. Ich habe immer den Eindruck, dass es mehr Möglichkeiten gibt, als ich in meinem Urlaub wahrnehmen kann. Die Herausforderungen sehe ich eher darin, mit den Veränderungen mitzugehen. Das betrifft in erster Linie den Winter, wenn der Schnee später kommt. Doch in den Wintersportorten wurde rechtzeitig so viel investiert, dass ich sehr optimistisch bin. Ich war im vergangenen Winter in Bad Kleinkirchheim, wo ich über perfekte Pisten gefahren bin, obwohl ringsum alle Wiesen grün waren. Ich gehe davon aus, dass auch meine Kinder noch in Österreich Ski fahren gehen können.

Was würden Sie Touristikern raten, die ihren Gästen Wetterinformationen anbieten möchten?

Wenn die Menschen auf Urlaub sind, interessiert sie das Wetter am meisten. Mittlerweile ist das Angebot an Websites und Apps riesig, doch nicht alle halten, was sie versprechen. Wer einen Wetterservice anbietet, sollte auf die Qualität achten, denn falsche Informationen können weitreichende Folgen haben. Wer mit Sonnenschein rechnet und von einem Gewitter überrascht wird, ärgert sich nicht nur, sondern setzt sich etwa in den Bergen oder an Seen womöglich auch Gefahren aus.

Sie sind auch Mitglied der internationalen Klima-Plattform „Climate without Borders“, worauf zielt diese Plattform ab?

Das ist mein neuestes Projekt, das ich erst kürzlich gemeinsam mit Wetterpräsentatoren aus aller Welt ins Leben gerufen habe. Im Fokus stehen der Erfahrungsaustausch und die Kommunikation von Klimafragen. Das Klima ist im Wandel und die globale Erwärmung wird in manchen Regionen der Erde katastrophale Folgen haben. Das ist ein Thema, worüber jeder informiert sein sollte, um diese Folgen minimieren zu können. Wir Wetterpräsentatoren können diese Botschaft glaubwürdig vermitteln, weil uns die Menschen vertrauen.

Hat sich Ihrer Meinung nach die Einstellung der Menschen zum Wetter verändert?

Grundsätzlich ist das Interesse gestiegen, da sich das Freizeitverhalten der Menschen geändert hat. Besonders im Urlaub richten die Gäste ihren Wochenplan nach dem Wetter aus und verlassen sich immer mehr auf die Prognosen. Außerdem haben die heißen und trockenen Sommer dazu geführt, dass die Menschen bei normalen Temperaturen bereits das Gefühl haben, der Sommer wäre vorbei. Die langen Hitzeperioden sind immer noch Ausnahmeerscheinungen, wir werden auch wieder kühlere Sommer mit mehr Regen erleben.

Wie sieht für Sie das perfekte Urlaubswetter aus?

Ich habe mich gut damit arrangiert, das Wetter so zu nehmen, wie es kommt. Aber bei sonnigem Wetter mit 25 bis 27 Grad und wenig Wind fühle ich mich am wohlsten.

Wo zieht es Sie im Urlaub hin?

Da ich in meiner Heimat im Burgenland im Sommer optimale Temperaturen vorfinde, komme ich nicht auf die Idee, ins Ausland zu fahren. Im Winter gehe ich gerne Ski fahren, wobei ich noch nie außerhalb Österreichs Ski fahren war – wenn man ein so großartiges Angebot vor der Haustür hat, sollte man das auch nutzen. Im Ausland bin ich immer wieder beruflich unterwegs, und hin und wieder gebe ich meiner Sehnsucht nach dem Meer nach.