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Alle reden über Influencer

Alle reden über Influencer

Es gibt aktuell ein paar Buzzwords, um die man in Marketing und Kommunikation nicht herumkommt. Storytelling, Content, Influencer. Deswegen möchte ich hier einen Blick auf einen dieser Begriffe werfen und mir anschauen, was im Bereich „Influencer“ auf dem deutschen Markt passiert bzw. welche Erfahrungen wir in der Kommunikation damit in letzter Zeit gemacht haben.

Ein Beitrag von Markus Aspetzberger, ÖW Deutschland

Wer oder was ist eigentlich so ein Influencer?

Vorweg: Ich habe in Deutschland noch niemanden getroffen, der sich als Influencer bezeichnet. Früher hätte man sie vielleicht noch Meinungsmacher genannt, oder Multiplikatoren. Heute ist festzustellen, dass viele Menschen beim Begriff „Influencer“ an Blogger, Vlogger, Youtuber oder Instagrammer denken. Diese ganzen „Neuen“ eben. Damit liegen sie nicht ganz falsch, es ist aber nur ein Teil der Wahrheit. Zum einen gab es, wie gesagt, Influencer schon immer. Die wahrscheinlich wichtigsten und einflussreichsten nannte man: Journalisten. Und es gibt sie immer noch, auch wenn man den Eindruck bekommen könnte, es handelt sich bei ihnen um eine vom Aussterben bedrohte Gattung. Und sie berichten immer noch. Was sich verändert hat, sind vielleicht die Reichweiten, die Zahl der Journalisten, das Verhältnis freie Journalisten – angestellte Redakteure oder die Kanäle, derer sie sich bedienen. Denn auch Journalisten sind heute zumeist weit davon entfernt, einfach „nur“ einen Artikel zu schreiben. Ihre Artikel erscheinen im Print, werden online ausgespielt, auf Facebook geteilt und bei Twitter angeteasert. Sie machen Radiobeiträge, die als Podcasts verfügbar sind. Sie machen Filme, die in den Mediatheken abrufbar sind. So betrachtet gibt es technisch gesehen nicht mehr viele Unterschiede zum Blogger. Worin sie sich unterscheiden, ist vielleicht ihre Art zu berichten, ihr Stil.

Zum anderen ist nicht jeder Blogger, Vlogger oder Instagrammer auch wirklich ein Influencer. Denn um Influencer zu sein, muss man auch wirklich jemanden beeinflussen. Das können zum Beispiel 100.000 Follower auf Instagram sein – hört sich gut an. Aber wie sieht es mit der Interaktionsrate der Follower aus? Meine Kollegin aus dem E-Marketing fragt immer gerne: Wann ist viel eigentlich viel? Sind 100.000 viel? Sind 450.000 viel? Oder sind vielleicht 25.000 viel? Kommt drauf an. Relevant wird so ein Post ja erst, wenn er auch wirklich wahrgenommen wird, wenn mit ihm interagiert wird. Wenn ein Blogger viele Unique Visitors hat, heißt auch das noch lange nicht, dass es sich wirklich um aktive Leser handelt, die sich mit ihm und seinen Inhalten auseinandersetzen. Wenn sie es doch tun, ist die Frage: wer sind seine Leser? Wenn die meisten Likes und Kommentare von Fans zwischen 16 und 24 sind – ist das meine Zielgruppe? Beeinflusst er oder sie also wirklich die Menschen, die auch ich erreichen will? BibisBeautyPalace hat auf Youtube fast 4 Millionen Abonnenten – gut zu wissen. Dass wir als Österreich Werbung trotzdem nicht mit ihr zusammenarbeiten, raubt mir aber nicht den Schlaf.

Warum überhaupt diese neuen Influencer?

Die Antwort ist einfach: Weil sie uns neue Möglichkeiten eröffnen. Man kann auf theoretischer Basis den Vergleich sicher auseinandernehmen, aber – warum sollte man vor 70 Jahren etwas mit Fernsehen machen? Wer brauchte vor 20 Jahren eine Website? Wenn sich für uns neue Kanäle auftun, sollten wir sie auch nutzen. Einzig: wir brauchen einen Plan. Wie können wir diese neuen „Instagrammer & Co“ denn in unsere bisherige Kommunikation einbeziehen? Ersetzen sie Facebook? Ersetzen sie Journalisten? Oder machen wir das jetzt einfach auch noch? Wie bei allen anderen Kanälen auch: Ausprobieren, aber mit System.

Wie entscheide ich, mit wem konkret ich arbeite?

Das Feld der Blogger, Instagrammer & Co ist weit. Gute Blogger können ein Mediakit vorweisen, aus dem sich auch Zielgruppen und Reichweiten ablesen lassen. Bei Instagrammern kann man aus der Anzahl der Follower und den Interaktionen Rückschlüsse ziehen. Daneben ist noch die Frage: Wo sitzen eigentlich die Follower und Leser? Wenn der Instagrammer in Deutschland sitzt, die meisten seiner Follower aber in Russland – ist Russland für mich ein interessanter Markt. Das sind schon mal Fragen, die sich für jeden einzelnen „Influencer“ einfach beantworten lassen.

Die vielleicht wichtigste Frage ist aber: Passen wir inhaltlich zusammen? Aus welchen Ländern und Regionen berichtet die Person normalerweise, ist Österreich dabei oder könnte das gerade noch fehlen? Welche Themen kommen dort vor – sind es Menschen, ist es Essen, ist es Sport? Passt die Bildsprache zu meiner eigenen und wie lesen sich die Texte? Macht es Spaß sie zu lesen, wie ernst nimmt der Autor es denn mit der Orthographie? Passt die Tonalität zu der, die ich und wir pflegen? Und wenn seine (oder ihre) Follower zwischen 18 und 25 sind – ist das die richtige Zielgruppe für mich? Wie schon oben erwähnt: Reichweite ist nicht alles. Wenn jemand nur 10.000 Unique Visitor im Monat hat, aber inhaltlich, vom Stil und der Zielgruppe gut zu mir passt – dann bin ich in meiner Zielgruppenansprache vielleicht punktgenauer als bei anderen. Außerdem haben wir mittlerweile ja auch alle selbst Social Media Kanäle, über die wir den Content der „Influencer“ verbreiten können und sie in Folge ja auch in ihrem Wachstum unterstützen können.

Eine wichtige Unterscheidung gibt es aber darüber hinaus noch zu treffen: arbeite ich mit „Influencern“, die für mich professionellen Content produzieren oder suche ich eher klassische Blogger, die meine Region kennenlernen wollen und auf ihren eigenen Kanälen darüber berichten? Im ersten Fall wird in jedem Fall ein Honorar fällig, wie bei jeder kreativen Dienstleistung. In Deutschland ist es aber mittlerweile auch nicht mehr ganz unüblich, dass Blogger für ihre Reisen Geld nehmen. Ob und wieviel ist dabei aber fast immer Verhandlungssache und eine Frage dessen, wie spannende mein Thema für den „Influencer“ ist.

Wie komme ich jetzt an diese Influencer ran?

Mein ganz persönlich Vorschlag: Reden sie mit den Menschen, die hinter diesen Kanälen stehen. Zumindest in Deutschland gibt es mittlerweile zahlreiche Agenturen, die versprechen, uns diese vermeintlich so komplexe Aufgabe der Influencer-Relations abzunehmen. Die Sache hat aus meiner Sicht und Erfahrung jedoch einen Haken: Urlaub ist kein Turnschuh und „Influencer“ sind keine Werbebanner.

Will heißen: für den Hersteller von Markenartikeln kann es unter Umständen Sinn machen, über eine solche Agentur oder Plattform sein Produkt an einen Blogger, Youtuber oder Instagrammer zu schicken. Der probiert das aus, schreibt darüber, macht Fotos, Videos oder Snapchats. Einfache Sache. Beim Thema Urlaub bleibt allerdings immer noch übrig, dass wir den „Influencer“ im Regelfall nach Österreich einladen werden. Urlaub ist eben nur vor Ort zu erleben. Bei der Gestaltung des Programms und der Betreuung vor Ort kann keine Agentur so gut sein wie wir – und wird das auch erst gar nicht anbieten.

Dazu kommt, dass hinter dem Begriff der „Influencer“ ganz einfach Menschen stehen, keine Algorithmen. Und wenn man sich persönlich kennenlernt, gegenseitig mehr über die Anforderungen, Vorlieben und Arbeitsweisen erfährt, wird man einfach besser zusammenarbeiten können – und am Ende ein deutlich besseres Ergebnis erzielen. Zur Zufriedenheit auf beiden Seiten. Wenn Ihnen das bekannt vorkommt, liegt das vielleicht daran, dass wir das schon lange machen – mit Journalisten, Multiplikatoren, Meinungsmachern, …

Mehr Influencer heißt mehr Einfluss?

Ich stehe Menschen ja grundsätzlich positiv gegenüber und gehe davon aus, dass niemand dem anderen Böses will. Jetzt ist es aber so, dass sich im Bereich „Influencer“ in geringster Zeit ein großes Feld aufgetan hat, auf dem viele Leute versuchen Geld zu machen. Dass das auf Kosten anderer geht, liegt dabei in der Natur der Sache – ohne jemandem dabei böse Absicht unterstellen zu wollen. Wir erleben es hier in Berlin praktisch täglich, dass neue Blogger, Instagrammer, Vlogger & Co virtuell bei uns anklopfen und mit uns arbeiten wollen. Manche wollen dabei „nur“ nach Österreich fahren (wobei wir die Reisekosten übernehmen sollen), manche hätten dafür dann gern gleich auch noch Honorar. Und aktuell muss ich leider sagen: es scheint zu funktionieren. Wir sehen uns selbst als Qualitätsschranke. Wenn die Qualität und der Output nicht stimmen, lehnen wir die Zusammenarbeit erst einmal ab. Auch wenn die Sache erst gut anfängt und sich dann langsam ins Gegenteil verkehrt (zum Beispiel mit Fragen wie: „Könnt Ihr mir für die Reise bitte noch Wanderstöcke und ein Zelt kaufen, ich hätte mir da auch schon was ausgesucht“), ist es manchmal besser, die Sache doch nicht weiter zu verfolgen. Allerdings ist das in Deutschland (und Österreich) nicht die Regel. Manchmal aus mangelnder Erfahrung heraus, manchmal vielleicht auch angesteckt durch den medial transportierten Hype (bei dem man ja nicht außen vor sein will) oder auch durch das schon erwähnte, vermeintliche Verschwinden von Medien und klassischen Journalisten, haben auch „Influencer“, die weder Qualität noch Einfluss liefern (können), mit ihren Anfragen durchaus Erfolg. Aus meiner Sicht kostet das leider oft unnötig Geld und bringt viele leere Kilometer. Es macht den wirklich guten Influencern das Leben genau so schwer wie uns im Tourismus und wird über kurz oder lang die Glaubwürdigkeit, die ja gerne als DAS Asset herangezogen wird, ruinieren.

Und was tun wir dann?

Und was soll uns das jetzt sagen? Das Feld ist groß, es wird immer größer und es geht rasend schnell. Deswegen können und sollen diese fünf Punkte nur ein erster kleiner Abriss der Gedanken und Erfahrungen zu unserer Arbeit mit Influencern am deutschen Markt sein. Vieles kann man gerade hier auch mit der guten alten Intuition richtig machen (ganz viel zu diesem Thema übrigens in der aktuellen Brand Eins nachzulesen). Trotzdem oder gerade auch deshalb: Es hat sich für uns in der Kommunikation ein spannendes Feld aufgetan, in dem man viel ausprobieren und lernen kann. Wenn Sie Lust darauf haben, können wir das gerne auch gemeinsam tun. Wir teilen gerne unsere Erfahrungen, unser Marktwissen und unsere Einschätzung mit Ihnen. Wir freuen uns aber auch, wenn Sie Ihre Erfahrungen mit uns teilen. Und wenn Sie Einwände gegen die oben dargestellte Sicht der Dinge haben: Lassen Sie uns darüber reden.

Einen kleinen Einblick in unsere Bloggerreisen sehen Sie in diesem Video.