Jahresbericht 2019: Next Level Tourism Austria (NETA)

Interview mit Reinhard Lanner, Chief Digital Officer der Österreich Werbung

Next Level Tourism Austria (NETA) ist eine Netzwerkinitiative an der Schnittstelle zwischen Österreichs traditionellen Tourismusstrukturen und der globalen Travel & Communication Tech Szene. Im Zentrum der Aktivitäten stehen der Gast und das Reisen von morgen. Ziel ist es, gemeinsam mit der Branche digitale Innovationen im Tourismus zu fördern.

Die Digitalisierung geht rasant weiter. Covid-19 hat ebenso innerhalb weniger Wochen Auswirkungen auf die Digitalisierung im Tourismus mit sich gebracht: In Restaurants und sogar Buschenschanken hat sich mitterlweile ein QR Code als Link zur digitalen Speisekarte etabliert, in Geschäften wird nun großteils bargeldlos bezahlt auch die Videotelefonie mit dem Smartphone hat sich durch das Coronavirus etabliert.

Unser tägliches Leben wird durch die stetige technologische Entwicklung geprägt. Dadurch wird das Reisen von morgen komplett umgeworfen. Neue Interfaces rund um Sprachassistenten oder Online Plattformen prägen den Weg, wie wir in der Zukunft verreisen werden. Hier stehen wir vor Herausforderungen! In Österreich macht die Kleinstrukturiertheit des hiesigen Tourismus das Thema Digitalisierung nicht gerade einfach. Viele KMUs verfügen oft nicht über die technologische Expertise, geschweige denn haben diese keine Zeit, sich mit den verschiedenen Aspekten rund um digitale Entwicklungen auseinanderzusetzen. Genau hier setzt die Netzwerkinitiative Next Level Tourism Austria an.
 


Was muss im Zuge der Digitalisierung im Tourismus passieren?

Es braucht einerseits die technischen Voraussetzungen vor allem im Bereich der Datenübertragung. In Zukunft wird es eine massive Erhöhung der Datenmenge geben, durch verstärkte Videoübertragung, aber auch durch IoT, wenn Geräte miteinander kommunizieren. Das Zweite ist: Wir brauchen eine konstruktive Haltung der Menschen gegenüber der Digitalisierung. Wir sollten die Chancen erkennen und weniger die Bedrohung, auch in Hinblick auf die globalen Plattformen. Die Haltung gegenüber diesen Plattformen sollte in der Frage münden: Was können wir gemeinsam kreieren? Und das dritte Thema ist: Wir müssen vieles vom Marketing-Wissen der Vergangenheit möglichst schnell vergessen. Die Werbung der Zukunft funktioniert nach neuen Gesetzen, vor allem datengetrieben.

NETA bearbeitet derzeit drei Themenfelder, die durch die Digitalisierung stark beeinflusst werden. Welche sind diese?

Im Bereich der Technologie entwickeln wir im Zuge von NETA mit der Branche gemeinsame Datenstandards und evaluieren neue technologische Systeme. Ein Beispiel hierfür ist der Austria Experience Data Hub (AEDH). Denn Fragen der Mobilität und Besucherstromlenkung, aber auch der Gestaltung von Erlebnissen in öffentlichen Räumen werden sowohl für Einheimische als auch Gäste immer relevanter. Die dafür nötigen Informationen (Anreise, Beschreibungen, Preise, Wartezeiten, etc.) sind derzeit auf vielen unterschiedlichen Systemen verteilt, die Recherchen sehr mühsam. Menschen brauchen bequemere und mobile Zugänge, als dies bei den derzeit fragmentierten (analogen) Dienstleistungsketten möglich ist. Die Lösung dafür ist der „Austria Experience Data Hub“. Dabei werden diese relevante Daten um 3rd Party Daten wie Mobilität, Wetter oder Telekomdaten, gebündelt und durch eine Standardisierung möglichst unkompliziert in einem Daten-Hub zur Verfügung gestellt. Startups können damit durch kreative Vernetzung der Daten neue Services schaffen, etablierte Unternehmen relevante Daten von anderen Unternehmen ins eigene Ökosystem integrieren. Rechtliche Rahmenbedingungen sichern ein „Fair Use Prinzip“ und der kostenlose Zugang von Bildungseinrichtungen zu diesen Daten schafft zusätzlich eine gute Möglichkeit, Studierende möglichst praxisnahe zu unterrichten.
 
Stichwort Wissenswerkstatt: Hier hat NETA einen eCampus initiiert, damit Touristiker relevante Entwicklungen und Marktchancen identifizieren. Der Schwerpunkt liegt dabei überwiegend in der Produktion von relevanten Inhalten und didaktischen Konzepten, die auf einer eigenen, aber auch auf vorhandenen Plattformen ausgespielt werden. Unser erklärtes Ziel ist es, den Wissenstransfer und brancheninternes Lernen zu ermöglichen und damit die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Branche im Bereich Digitalisierung nachhaltig zu stärken. Nutzer der Plattform lernen digitale Instrumente gewinnbringend einzusetzen und können sich so einen Wettbewerbsvorteil angesichts rasanter Veränderungen durch die Digitalisierung erarbeiten. Im Sinne des Open Source-Gedankens wollen wir Lernen voneinander ermöglichen, Ideenanstöße liefern und Gleichgesinnte vernetzen.
 
Im Bereich der Co-opetition fördert NETA eine neue Form der Zusammenarbeit zwischen Tourismus, Technologie & globalen Plattformen. Projekte wie die Hackathons mit Oberösterreich Tourismus zum Thema „Das Reisen von morgen“ und Talent Garden Vienna zu den „besten AR/VR-Anwendung für den österreichischen Tourismus“ sind Beispiele, die auf dieses Ziel einzahlen. Weitere Beispiele sind die Meet Ups mit FareHarbour, aber auch die Digitalen Brettljausen (siehe Seite 36).

Natürlich sind diese Themenschwerpunkte nicht immer gesondert voneinander zu sehen, sondern zahlen aufeinander ein, wie zB die Tourism Innovation Map Austria (TIM).

Selbstverständlich. Die Tourismusbranche in Österreich arbeitet auf allen Ebenen an innovativen Digitalisierungsprojekten. Diese sichtbar zu machen, ist die Aufgabe der Tourism Innovation Map Austria (TIM). Im kleinteilig strukturierten heimischen Tourismus schafft TIM erstmals eine zentrale Anlaufstelle mit einem umfassenden Überblick über die wichtigsten Digitalisierungsprojekte im LandIm Zuge der nationalen Tourismusstrategie Plan-T hat die Österreich Werbung durch das Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus den klaren Auftrag, die Branche bei der Digitalisierung zu begleiten und zu unterstützen. Zum Start listet TIM 42 Projekte aus neun Bundesländern, unterteilt in die Kategorien New Interfaces, Automatisierung, API, Analyse und Datenmanagement. Zu jedem Projekt sind Auftraggeber, aktueller Status, eine Kontaktperson und natürlich die Projektbeschreibung erfasst. Online ist die Tourism Innovation Map Austria unter www.austriatourism.com/neta