„Ohne WeChat geht in China nichts mehr“

„Ohne WeChat geht in China nichts mehr“

Seit gut drei Jahren lebt Emanuel Lehner-Telič in Peking und erlebt dabei hautnah, wie die digitale Entwicklung den Alltag in China verändert. Der ÖW Region Manager im Interview.

Was kann ein österreichisches Tourismusunternehmen machen, um in China wahrgenommen zu werden?

Abgesehen davon, dass das Produkt chinesische Gäste anspricht, sehen wir eine stark steigende Bedeutung der digitalen Plattformen. Größen wie Ctrip, Tuniu, Fliggy oder Tongcheng sind ja nicht einfach nur Buchungsplattformen. Sie bieten mittlerweile Content für die gesamte „Customer Journey“. Man kann sich inspirieren lassen, man hat Informationen, man kann buchen, man bekommt teils auch Beratung, kann sich während der Reise an Servicestellen wenden und nach der Reise Berichte online stellen und Bewertungen schreiben. Aus unserer Sicht macht es auf jeden Fall Sinn, sich dort zu präsentieren und ein buchbares Produkt – egal ob Hotel, Package oder „thing-to-do“ – zu vermarkten.

Was sind denn die Vorrausetzungen, um von Plattformen wie Tuniu.com oder Ctrip überhaupt aufgenommen zu werden?

Nach wie vor suchen die großen Reiseplattformen in China nach direkten Kontakten zu touristischen Leistungsträgern in Europa. Sie sind im Prinzip froh, wenn sie neuen buchbaren Content bekommen. Oft fehlen ihnen die Kontakte und vor allem auch das Wissen rund um unsere touristischne Produkte. So sind ihnen zum Beispiel unsere geografischen Einteilungen nicht bekannt. Es ist für sie im Prinzip egal, ob das Hotel bei einer Besichtigungstour von z.B. Hallstatt nun in Bayern oder in Österreich liegt. Und Bundesländergrenzen innerhalb Österreichs sind schon gar nicht geläufig. Unsere Erfahrung ist, dass Hotels oder „things-to-do“ bei Interesse ganz einfach einen direkten Vertrag mit Plattformen wie Ctrip bekommen können. Die Standardverträge unterscheiden sich kaum von denen bei unsen geläufigen Buchungsplattformen. Und wenn man so einen Direktvertrag mit einer Reiseplattform hat, empfiehlt es sich auf jeden Fall auch etwas ins Marketing zu investieren, um sein Angebot zu pushen.

Wann haben Sie erkannt, wie wichtig WeChat ist und wie nutzt die Österreich Werbung die App?

Die Erkenntnis, dass es ohne WeChat in China nicht mehr geht, kommt schnell. Nämlich dann, wenn man ohne die App plötzlich seine kleinen Einkäufe oder den Strom nicht mehr bezahlen kann oder kein Taxi bekommt. Vor allem im privaten Bereich geht es einfach gar nicht mehr ohne. Und auch beruflich tauscht man längst keine Visitenkarten mehr aus, sondern scannt seine persönlichen QR-Codes, um miteinander in Verbindung bleiben zu können. Einladungen und berufliche Kommunikation erfolgen eigentlich nur mehr per WeChat. Neben unserem ursprünglichen klassischen WeChat-Kanal betreiben wir mittlerweile auch einen Kanal für unsere b2b-Partner. Ein eigenes Mini-Programm zur Inspiration für potentielle Gäste wird dabei in Kampagnen eingesetzt. Und ein eigener Travel-Guide für die Branche als Mini-Programm befindet sich gerade in Ausarbeitung.

Welchen Vorteil bringt die digitale Präsenz österreichischen Unternehmen?

Der Nutzen besteht darin, dass man sich den örtlichen Kommunikationsgepflogenheiten anpasst und dem Userverhalten folgt. Zudem sind die Anwendungen meist einfach zu bedienen. In der Kommunikation mit chinesischen Partnern bekommt man auf E-Mails etwa gar keine Antwort mehr. Man kommuniziert über WeChat. Beim Kauf von Tickets für Sehenswürdigkeiten lässt die Einfachheit und sprichwörtliche Nähe zur Überweisung viele Hemmschwellen für einen Kauf fallen. WeChat ist mehr oder weniger eine One-Stop-Lösung für fast alles.

Hat die Präsenz auf WeChat auch einen Nutzen für Chinesen, die gerade Österreich besuchen?

Ja, klar, WeChat ist überall dabei. Man kann damit in Shops und bei Sehenswürdigkeiten oder in Hotels in Österreich bezahlen, hat immer einen Travelguide – z.B. in Form eines Mini-Programms - oder eine Landkarte dabei. Man kann unmittelbar die besten Fotos und spannendsten Nachrichten in den „Moments“ posten und dabei den Ort „taggen“. Man kann gratis nachhause telefonieren. Vor allem kann man es aber im Marketing einsetzen und den Gästen, die z.B. gerade in Hallstatt sind, mitteilen, dass es ein paar Kilometer weiter am Wolfgangsee auch sehr schön ist.