Quo Vadis Ukraine?

Quo vadis Ukraine?

Mehr als vier Jahre sind vergangen seit den Bürgerprotesten in Kiev, bekannt als Revolution der Würde oder Euromaidan, der Absetzung und Flucht des Präsidenten Viktor Yanukovich, der Krimkrise und dem leider noch andauernden bewaffneten Konflikt in der Ostukraine. Wie weit die Ukraine auf ihrem Weg aus den vielfachen Dilemmata bereits gekommen ist, zeigt der folgende Schnappschuss.

Ein Beitrag von Lisa Hessenberger, PR und Marketing Russland & Ukraine

Nach einem schneereichen Winter herrscht nun Frühling auf den Straßen Kievs. Auch Katja hat ihren Wintermantel längst abgelegt und zeigt mir indes begeistert Bilder ihres Hausneubaus etwas außerhalb der Hauptstadt. „Das ist das Kinderzimmer und hier verlängern wir das Wohnzimmer um eine Veranda hinaus in den Garten“, schwärmt sie. Im Sommer soll das Landhaus fertig sein, das der vierköpfigen Familie als Zweitwohnsitz im Grünen neben der engen Stadtwohnung dienen soll.

Michaelskloster in Kiev

Streetart schmückt die Straßen der Hauptstadt

Kastanienblüte in Kiev

Vladimir der Große überblickt den Dnepr und Kievs Randbezirke

Katja und ihre Familie kann zur Mittelschicht der Ukraine gezählt werden. Zwar ist diese Gesellschaftsschicht ob der Krise der letzten Jahre geschrumpft, doch erholt sie sich rasch von den wirtschaftlichen Rückschlägen. Die positive Wirtschaftsentwicklung der Ukraine im letzten Jahr erklärt diesen Umstand: 2017 ist die Wirtschaft um 2,2 Prozent gewachsen. Der Außenhandel ist deutlich angeregt, wobei die Warenimporte von 21,1 Prozent die Exporte mit 18,8 Prozent minimal überragen. Wesentlicher Faktor ist der Wechselkurs, der 2017 relativ stabil verlief und lediglich zwischen 25,6 und 27,5 Hryvnja pro US-Dollar schwankte.

Der reale Durchschnittslohn lag im Jänner 2018 bei rund 300 EUR monatlich im Vergleich zu 150 EUR im Jänner 2016 oder zu 250 EUR im Jänner 2013 (als übrigens der Höchstwert von rund 361.000 Nächtigungen in Österreich aus der Ukraine erreicht wurde). Schließlich konnte die staatliche Schuldenquote im Vergleich zum BIP erstmals drastisch gesenkt werden: von 81,2 Prozent im Jahre 2016 auf 73,4 Prozent 2017. Für 2018 wird ein Anstieg des realen Bruttoinlandsproduktes um 3,2 Prozent prognostiziert.

Diese positiven Entwicklungen stehen Herausforderungen gegenüber wie dem langsamen Reformtempo, der negativen Inflationsentwicklung oder den hohen finanziellen Herausforderungen des Doppelwahljahrs 2019 (Präsidentschafts- und Parlamentswahlen).

„Bei uns stehen doch immer Wahlen an“, scherzt Katja auf die Frage danach, ob die Wahlen 2019 schon spürbar sind. Und ja, die Wahlkampagnen hätten bereits gestartet. Die Kandidaten sängen in den Medien Loblieder auf sich selbst und – wie der Frühling in den Straßen Kievs – treibe die Politwerbung vielfache und bunte Blüten. Besonders aktiv sei Julia Timoshenko, während sich Petro Poroshenko noch ruhig verhielte. „Obwohl die Aussichten für Poroshenko nicht schlecht sind – ausruhen darf er sich nicht, hat er doch auch so einige Makel“, analysiert Katja. Zudem sei bei den Ukrainern und Ukrainerinnen nun eine Zermürbung angesichts des Krieges in der Ostukraine und der wirtschaftlichen Herausforderungen der letzten Jahre spürbar.

Zu viel möchte sich Katja aber nicht jetzt schon mit den Wahlen auseinandersetzen. Nun steht erst mal der Sommer an. Katjas ältere Tochter schließt heuer die Schule ab und beginnt das Studium auf der Kiever Taras-Shevchenko-Universität. Ein Urlaub muss trotz Hausbau und elterlicher Pflichten drinnen sein und so wird die Familie eine Autoreise nach Ungarn oder Polen unternehmen. 2016 war die Familie auf Skiurlaub in Tirol, ein Vergnügen, das sie diesen Winter gerne wiederholen möchte.

Auch 2018 ist die Reiselaune der Ukrainer und Ukrainerinnen weiter ungebrochen. Wie in den Vorjahren sind die Sun- und Beach-Destinationen populär, aber auch die näheren Nachbarn Polen, Ungarn oder Bulgarien bleiben vielbereist. 2016 und 2017 wuchs das Auslandsreisevolumen pro Jahr um über 30 Prozent. Neben genannten Wirtschaftsfaktoren beflügelt freilich auch die Visumsfreiheit in der EU für Ukrainer und Ukrainerinnen mit biometrischem Pass seit Juni 2017 die Reiselust.

 

Was bedeutet dies für Urlaub in Österreich?

Die Nächtigungen aus der Ukraine in Österreich sind 2017 auf rund 338.000 angestiegen, das sind 11 Prozent mehr als im Vorjahr und vergleichbar mit der Anzahl im Jahre 2014. Was die absoluten Nächtigungen angeht, so sind dabei Wien mit 122.200, Tirol mit 103.900 und Salzburg mit 54.000 die Spitzenreiter. In der Wintersaison 2017/18 konnten in Österreich rund 194.200 Nächtigungen (+16,2 Prozent) und 54.400 Ankünfte (+19,8 Prozent) verzeichnet werden. Der Sommer 2017 brachte rund 120.000 Nächtigungen (+16,3 Prozent) und 53.000 Ankünfte (+16 Prozent) aus der Ukraine.

Die Ukraine ist also zurück auf dem touristischen Radar. Sofern das Land wider wirtschaftlicher und politischer Herausforderungen den bereits erreichten Schwung auf ihrem Weg in die Zukunft halten bzw. ausbauen kann, sind jedwede Aktivitäten auf dem Markt erfolgversprechend.