Interview Werner Müller

Urheberrechtsreform mit Nebenwirkungen

Das EU-Parlament reformiert das Urheberrecht.
Was bedeuten die geplanten Änderungen für den Tourismus?
Wir sprachen mit Werner Müller,
Geschäftsführer des Fachverbands Film- und Musikwirtschaft der WKO.

bu//etin: Das EU-Parlament hat die Reform des Urheberrechts im zweiten Anlauf durchgewinkt. Was sind die wesentlichen Änderungen?

Werner Müller: Die mehr als zweijährigen Verhandlungen über das Richtlinienpaket haben sich zuletzt auf den Artikel 13 fokussiert, nämlich das Leistungsschutzrecht für Presseverlage sowie die Lizenzpflicht für Online-Sharing-Services wie YouTube & Co. Hier sehe ich für die Branche wenig Handlungsbedarf. Setzen Touristiker etwa in sozialen Medien urheberrechtlich geschütztes Material wie Bilder oder Videos ein, haben sie sich in der Regel bereits die Rechte für die Onlinenutzung gesichert. Für den Tourismus sind beispielsweise einige in Artikel 14 angeführten Neuerungen relevant, die in der Öffentlichkeit weit weniger diskutiert wurden. Etwa die geplanten Änderungen beim Urhebervertragsrecht.

Worum geht es dabei?

Da wird beispielsweise verlangt, dass bereits im Vorhinein im Vertrag jede Verwertung angegeben und eine vertraglich festzulegende Vergütung festgelegt wird. Das heißt, dass schon bei Vertragsschluss mit jedem einzelnen Interpreten der Vertragsschlüssel für die vorgesehenen Verwertungsarten festgelegt werden muss – unabhängig davon, ob diese Verwertungsarten nun tatsächlich stattfinden oder nicht. Kritisch ist auch die Transparenzpflicht, die vorsieht, dass die Künstler mindestens einmal jährlich eine umfassende Information über die Verwertung ihrer Werke erhalten müssen.

Warum ist das problematisch?

Ein Beispiel: Per Vertrag hat sich ein Hotelier das Recht gesichert, die Bilder eines Fotografen für eine Broschüre für zwei Jahre zu verwenden. Auch wenn die Fotos darüber hinaus nicht eingesetzt werden: Der Hotelier muss den Fotografen jährlich darüber informieren, ob seine Bilder zum Einsatz gekommen sind. Das wird sehr administrationsintensiv. Warum soll man einem Fotografen, dem man per Vertrag sämtliche Rechte abgekauft hat, noch jährlich Bericht erstatten? Ebenfalls problematisch: Der Nutzer müsste dem Fotografen die direkten und indirekten Einnahmen bekannt geben, die unter Zuhilfenahme seines Werkes erzielt wurden. Was unter „indirekte Einnahmen“ zu verstehen ist, ist unklar. Und wer kann schon sagen, welcher Anteil der Einnahmen auf die Verwendung eines Fotos in einer Werbebroschüre abzuführen ist? Wir werden nie wissen, ob ein Gast aufgrund eines Fotos gekommen ist. Auch wenn ich mir für eine Veranstaltung einen Moderator auf die Bühne hole, muss ich dem zehn Jahre danach noch berichten, welche Einnahmen ich habe.

Stehen diese Änderungen schon fest?

Nicht ganz. Die Trilog-Verhandlungen haben Anfang Oktober begonnen, nun werden die drei Vorschläge von EU-Rat, -Parlament und -Kommission diskutiert. Innerhalb dieser Vorschläge gibt es durchaus Unterschiede. Der Kommissionsvorschlag ist deutlich flexibler und sieht diverse Ausweichklauseln vor. Der Vorschlag des EU-Parlaments ist der weitgehendste. Wir müssen daher jetzt die Parlamentarier und das Justizministerium für die mangelnde Praxistauglichkeit der ­Vorschläge sensibilisieren.

Wann ist eine Entscheidung zu er­warten?

Im ersten Halbjahr 2019 sollte das Ganze finalisiert werden. Danach wird der Beschluss an das österreichische Recht angepasst, das wird sicher noch zwei Jahre dauern.