Sportevents

Destinationen in Bewegung

Sport belebt nicht nur Körper und Geist, sondern auch den Tourismus. Mit etwas Ausdauer und einer durchdachten Planung können Touristiker mit Sportevents hohe Wertschöpfung und mediale Aufmerksamkeit erzielen sowie ihr Angebot nachhaltig verbessern.

Rund eine halbe Million Besucher wird entlang der Strecke mitfiebern, wenn die Niederländerin Annemiek van Vleuten – amtierende Weltmeisterin im Einzelzeitfahren – im September in die Pedale treten wird. Die Sportlerin wird bei der Straßenrad-WM 2018 an den Start gehen, dem größten Sommersportevent, das je in Tirol zu Gast war. Die Veranstaltung wird das Bundesland von 22. bis 30. September zum Zentrum des internationalen Radsports machen.

Die Erwartungen sind hoch: Die Straßenrad-WM soll eine Wertschöpfung von 25 Millionen Euro generieren und die Aufmerksamkeit von 250 Millionen Menschen in 130 Ländern auf das Radangebot der Region lenken. „Wir positionieren uns als Sportland Nummer eins der Alpen und nutzen Großveranstaltungen, um dieses Image international zu festigen“, erzählt Georg Spazier, Geschäftsführer der Innsbruck Tirol Rad WM 2018.

Junger Lifestyle in Wien

Über Wertschöpfung und Imagegewinn durch Sportevents freut sich auch Wien. Die Bundeshauptstadt war im Vorjahr Austragungsort der Beachvolleyball-WM. Die Veranstaltung brachte Wien 55.000 zusätzliche Nächtigungen und eine Wertschöpfung von rund 4,5 Millionen Euro. Für die Tourismusdestination ist der Imagegewinn entscheidend, um sich abgesehen von Tradition und Geschichte als moderne, junge Sportstadt direkt am Wasser zu präsentieren: „Die Beachvolleyball- Weltmeisterschaft ist ein Glücksfall für Wien – sie wird in mehr als 100 Länder übertragen und bietet eine ideale Chance, sich weltweit als Lifestylemetropole mit höchster Lebensqualität zu präsentieren“, freut sich Tourismus­direktor Norbert Kettner.

Langfristig auf Themen setzen

„Nicht alle Veranstaltungen sind so groß und prominent, um mit ihrer Reichweite den enormen finanziellen Aufwand zu rechtfertigen“, gibt Tourismusberater Franz Rosenmayr zu bedenken. „Jeder möchte sich heute im Licht großer Veranstaltungen sonnen. Oft sind die Effekte aber von kurzer Dauer. Damit die Veranstaltungen die Destination nachhaltig stärken, müssen sie in ein touristisches Angebot eingebettet sein“, so der Experte.

Beispiele sind die Winter-Openings: Jedes noch so kleine Familienskigebiet feiert heute ein fulminantes Eröffnungsfest. Viele Skigebiete verwandeln sich für ein Wochenende in bunte Partylocations, bieten aber während der Saison kaum Gelegenheit für Après-Ski. Die Veranstaltung bringt dann nur vorübergehend ein erhöhtes Besucheraufkommen, aber keinen langfristigen Nutzen. Rosenmayr empfiehlt, mit Vorbereitungswochen, Folgeveranstaltungen und passenden Urlaubsangeboten konsequent am Thema dranzubleiben.

So gab auch die Rad-WM in Tirol die Initialzündung für die Entwicklung des touristischen Angebots in der Region. Seit Innsbruck den Zuschlag als Austragungsort der Meisterschaft erhalten hat, haben das Land Tirol, Tourismusverbände und Gemeinden insgesamt sechs Millionen Euro in den Ausbau des Radwegenetzes investiert und 40.000 Meter Radwege saniert beziehungsweise neu gebaut. Davon profitieren auch die Gäste, denn Radfahren zählt zu den beliebtesten Urlaubsaktivitäten. Rund ein Viertel der Tiroler Sommergäste ist während ihres Urlaubs auf befestigten Radwegen unterwegs und circa zwölf Prozent treten am Mountainbike in die Pedale.

Auch am Wörthersee habe sich durch den Triathlon das Sportangebot weiterentwickelt und verbessert, erzählt Herwig Straka, Eventmanager und Vortragender an der FH Joanneum. Viele Sportler würden heute in der Region ihr Trainingslager aufschlagen und auch die Bevölkerung mache mehr Bewegung.

Skepsis in der Bevölkerung

Bei den Einheimischen stoßen die Großveranstaltungen nicht immer auf Begeisterung. So lehnten zum Beispiel die Tiroler im Vorjahr die Bewerbung des Bundeslandes als Austragungsort für die Olympischen Spiele ab. Generell seien die Olympischen Spiele in Verruf geraten, weiß Rosenmayr: „Die Auflagen sind enorm und es hat sich bereits herumgesprochen, dass die finanzielle Planung nur selten hält.“

Eventmanager Straka ist überzeugt, dass Großveranstaltungen generell nicht für Abstimmungen geeignet sind. Die Gegenargumente seien plakativ und stark, die Vorteile der Events hingegen schwer zu vermitteln. „Auch in anderen europäischen Ländern gehen 95 Prozent solcher Befragungen mit einem klaren Nein aus. Wird die Bevölkerung aber nach der Umsetzung von Großveranstaltungen befragt, sind alle stolz auf die gemeinsamen Erfolge“, so Straka.

Starke Sponsoren und klare Ziele Großevents bräuchten starke Sponsoren. In den vergangenen Jahren sei es schwieriger geworden, diese zu gewinnen. Straka: „Die Gelder werden nicht mehr nach dem Gießkannenprinzip oder nach persönlicher Gefälligkeit verteilt. Was zählt, sind die nackten Zahlen.“ Hier seien Breitensport-Veranstaltungen mit vielen zahlenden Teilnehmern im Vorteil. Um mit Events zu punkten, müssten kreative Alleinstellungsmerkmale gefunden und klare Ziele definiert werden. Dann gelinge es auch, die Sponsoren zu überzeugen.

Wenn verschiedene Leistungsträger ihre Kräfte bündeln, um gemeinsam Großes zu schaffen, stärkt das auch die Gemeinschaft in den Tourismusregionen. Rosenmayr: „Ein erfolgreiches Event wirkt nicht nur nach außen, sondern auch nach innen.“

Und je stimmiger ein Konzept ist, desto ­größer ist wohl auch die Akzeptanz in der Bevölkerung.