Mit Veränderungen wachsen

Mit Veränderungen wachsen

Christiane Wenckheim, Aufsichtsratsvorsitzende der Ottakringer Getränke AG und der Ottakringer Brauerei AG, setzt auf Führung auf Augenhöhe und laufende Innovationen, um den Familienbetrieb erfolgreich in die Zukunft zu führen.

bu//etin: Sie sind schon seit Ihrer Kindheit mit der Brauerei vertraut. War immer klar, dass Sie in die Fußstapfen Ihres Vaters treten werden, dem Sie ja in den Vorstand und dann in den Aufsichtsrat gefolgt sind?

Wenckheim: Zu Hause bei meinen Eltern wurde immer Bier getrunken und es wurde immer viel über Marketingthemen gesprochen. Mein Vater diskutierte zum Beispiel über neue Etiketten immer mit meiner Mutter. In der Brauerei haben mich als Kind die offenen Gärbottiche, wo sich der Schaum aufbäumte, am meisten fasziniert. Dass ich meinem Vater folge, war nicht klar, weil das Unternehmen ja hauptsächlich vom Bruder meiner Mutter geführt wurde. Mein Vater hatte dann aber einen Personalengpass in der Marketingabteilung, da bin ich eingesprungen. Das ist jetzt 19 Jahre her. Mein Bruder, der vor mir in der Brauerei gearbeitet hat, meinte damals: „Du wirst sehen, dass du ganz viel über die Brauerei weißt, obwohl du noch nie hier gearbeitet hast.“ Und das war dann wirklich so.

Sie haben vor drei Jahren in den Aufsichtsrat gewechselt. Was hat Sie zu diesem Schritt bewogen?

Das hat sich ergeben. Ich hatte das Bedürfnis, nach einer gewissen Zeit jemand Neuen ans Ruder zu lassen, mit einem neuen Blick auf die Dinge. Außerdem hatte ich das Gefühl, auch in anderen Bereichen noch etwas bewegen zu können. Ich wollte mir neue Dinge ansehen, neue Perspektiven einnehmen. Und wahrscheinlich hat auch der Gedanke an die Betriebsnachfolge mitgespielt.

Sie haben nach zahlreichen Auslandsaufenthalten einen Würstelstand in Wien eröffnet. Welche Erfahrungen haben Sie in dieser Zeit gesammelt, die Ihnen auch heute noch nützlich sind?

Der Wunsch, Unternehmerin zu sein, steckte wohl schon immer in mir. Dann hat sich die Chance ergeben, einen Würstelstand zu betreiben. Ich habe diese Tätigkeit geliebt, weil ich das Unternehmertum in all seinen Facetten erleben konnte. Du stehst dort, verkaufst Würstel und Bier, musst dich aber auch um den Einkauf, um das Personal und viele andere Dinge kümmern. So lernte ich im Kleinen zu verstehen, wie ein Unternehmen funktioniert. Auch meine ersten Marketingerfahrungen habe ich in dieser Zeit gesammelt. Ich habe zum Beispiele ein großes Styroporwürstel vor dem Stand ausgehängt, um auf mich aufmerksam zu machen.

Die Ottakringer Brauerei ist eine angesagte Eventlocation geworden. Welche Bedeutung haben Events für den Konzern?

Events sind uns sehr wichtig, weil sie die Marken erlebbar machen. In der Brauerei haben wir die Eventlocation, die wir immer mehr auch als touristische Attraktion sehen. Sie zählt jährlich etwa 300.000 Besucher, die zu Konzerten, Partys und zu den Braukulturwochen kommen. Die Brauerei soll ein Treffpunkt für die Menschen sein. Ich denke auch, dass das physische Zusammenkommen in Zeiten der zunehmenden Digitalisierung immer bedeutsamer wird. Bier hat bei Events einen besonders verbindenden Charakter. Aber auch mit Vöslauer sind wir auf allen großen Events präsent.

Mit welchen Marketingstrategien ist es gelungen, Bier und Mineralwasser zu Lifestyleprodukten zu machen?

Sowohl mein Vater als auch ich waren immer sehr marketingkonzentriert. Die ganze Familie glaubt an die Kraft der Marken, die wir klar definieren. Ich habe sicher dazu beigetragen, die Marke Ottakringer jugendlicher zu machen. Die Events waren dabei ein wichtiger Faktor. Bei Vöslauer ist es dem Team sehr gut gelungen, mit konsequenter Markenführung einen großen Namen zu schaffen. Erfolgsentscheidend war sicher, dass wir von Anfang an mit prominenten weiblichen Testimonials geworben haben.  

2016 haben Sie noch einmal die Schulbank gedrückt und einen Master in Changemanagement gemacht. Was hat Sie dazu bewogen?

Mit dem Wechsel in den Aufsichtsrat habe ich für mich persönlich einen Perspektivenwechsel gebraucht. Und es war wahnsinnig spannend, mit 50 noch einmal studieren zu gehen. Die Ausbildung hat mir sehr viel gebracht – ein besseres Verständnis für die Menschen, aber auch für Organisationen.

Über welche beruflichen Erfolge haben Sie sich am meisten gefreut?

Einer der großen Erfolge war sicher die Öffnung der Brauerei für die Menschen und für die Stadt. Derzeit arbeiten wir daran, flachere Hierarchien im Konzern einzuführen. Wir sind hier auf einem guten Weg, das macht uns sehr stolz.

Welche Getränke-Trends zeichnen sich aktuell in der Gastronomie ab? Ist der große Craft- Bier-Boom vorbei?

Im Biersegment sieht man sehr stark, dass die Sortenvielfalt wichtiger wird, die Bierkarten werden bunter. Wir stellen in der Hauptbrauerei 13 bis 15 Sorten pro Jahr her, das heißt, wir waren immer schon vielfältig, und dieser Trend wird immer stärker. Dazu kommt der Craft- Bier-Trend, der meines Erachtens auch noch anhalten wird. In einer internationalen Größenordnung wäre die Ottakringer Brauerei an sich eine Craft-Bier-Brauerei. Und 2012 haben wir als erste Brauerei Österreichs eine Craft-Beer- Brauerei eröffnet, wo wir vieles ausprobieren können. Das Manner-Schnitten-Bier beispielsweise war ein riesiger Erfolg. Im alkoholfreien Segment geht der Trend hin zu gesünderen Getränken mit weniger Zucker. In der Balance- Serie von Vöslauer setzen wir schon viel weniger Zucker zu, und wir experimentieren auch mit Tee, der im Trend liegt. Außerdem beschäftigen wir uns viel mit der Gastronomie und mit der Frage, wie wir sie mit unseren Produkten und Services noch erfolgreicher machen können.

Welche Ziele möchten Sie in den nächsten Jahren noch erreichen?

Wir wollen den Generationenwechsel im Unternehmen gut über die Bühne bringen. Damit beweisen wir Kontinuität und vermitteln doch auch Aufbruchstimmung. Außerdem sind Innovationen wesentliche Treiber unseres Geschäftes, alles ist in Bewegung. So sind wir zum Beispiel gerade dabei, unseren Getränkefachhandel neu aufzustellen, damit wir hier schlagkräftiger auftreten können.

Welches ist Ihr Lieblingsbier im Sortiment?

Ich trinke wahnsinnig gerne Zwickl-Bier. Aber ich finde die Abwechslung innerhalb unseres Sortiments spannend. Ich trinke auch gerne mal ein Pils. Und immer wieder auch ein helles Bier.

Und wo verbringen Sie Ihren Urlaub am liebsten?

Ich liebe das Reisen und bin beruflich wie privat viel unterwegs. Auch mit den Kindern, damit sie etwas von der Welt sehen. Dieses Jahr geht’s nach Lissabon. Ich mag Entspannungsurlaube und Städtetrips in Verbindung mit Essen und Gemütlichkeit mit der Familie.