Gäste von morgen

Gäste von morgen

Um das Skifahren als Kulturgut zu erhalten und die Jugend auf die Pisten zu bringen, haben Wintersportwochen an Schulen große Bedeutung. Mit welchen Strategien die Gäste von morgen umworben werden, lesen Sie hier.

Morgens mit den Klassenkollegen zum Frühstück, rauf auf die Piste und mit schallendem Gelächter die Hänge hinab. Bei der Einkehr zu Mittag werden Erlebnisse ausgetauscht, am Nachmittag neue Abfahrten entdeckt. Die Wintersportwoche bringt viele Kinder zum ersten Mal mit diesem Erlebnis in Kontakt – besonders dann, wenn in der Familie nicht Ski gefahren wird. Doch die Zahl der Schulskikurse nimmt ab: Während Ende der Siebzigerjahre noch 250.000 Schüler an Schulskikursen teilnahmen, waren es 30 Jahre später im Schuljahr 2010/11 nur noch 133.000 – das entspricht einem Rückgang von mehr als 40 Prozent. Diese Entwicklung kann nur zum Teil auf sinkende Schülerzahlen zurückgeführt werden. Auch Faktoren wie rechtliche Änderungen, ein immer größer werdendes Angebot an Auslandsaufenthalten und Sommersportwochen in den Schulen spielen mit. Um hier gegenzusteuern, setzen verschiedene Organisationen aus dem Bildungs-, dem Sport- und dem Wirtschaftsbereich Maßnahmen, um die Wintersportwoche an Schulen wieder attraktiver zu machen.

2010 wurde die „Servicestelle Wintersportwochen“ ins Leben gerufen. Sie ist der Ansprechpartner für Schulen, unterstützt diese bei der Skikurs-Planung, vernetzt verschiedene Leistungsträger und informiert über Aktionen. „Aktuell stehen wir mit ca. 2.700 Lehrern in Kontakt. Rund zwei Drittel davon kommen aus Wien, Niederösterreich und Oberösterreich. Erst kürzlich konnten wir in Zusammenarbeit mit Radio Arabella 114 Wiener Kindern und Jugendlichen eine Wintersportwoche ermöglichen“, freut sich Marco Cerny, Projektleiter der Servicestelle Wintersportwochen. Von einem „durchschwommenen Tal“ spricht Erik Wolf, Geschäftsführer des Fachverbands der Seilbahnen bei der Wirtschaftskammer Österreich (WKO). „Es gab einen massiven Rückgang, aber aktuelle Zahlen stimmen uns positiv. Durch gezielte Aktionen und Vergünstigungen können wir durchschnittlich 120.000 Kinder und Jugendliche pro Jahr in den Schnee bringen“, erklärt Wolf.

DIE JUGEND AUF DIE PISTEN

Auch die Regionen bemühen sich, dem Nachwuchs den Wintersport schmackhaft zu machen. Saalbach-Hinterglemm arbeitet dafür beispielsweise eng mit dem Projekt „School on Snow“ zusammen. So konnte 2017 beim Winter-Opening für Kinder und Schulen sogar der Weltrekord der längsten Kinderskischlange aufgestellt werden. Dabei fuhren 178 Kinder bei dichtem Schneefall die Piste hinab. Neben dem Skifahren konnte auch das Snowboarden ausprobiert oder das eigene Wissen über den Skisport in Österreich auf die Probe gestellt werden. Die Teilnahme am Winter-Opening kostete 15 Euro pro Kind. Inkludiert waren die An- und Abreise, Liftkarten, Skilehrer und Verpflegung. „Durch unsere Komplettorganisation sowie Förderungen von Partnern wie beispielsweise Bussen und Bergbahnen können wir die Preise für Schulen sehr günstig halten“, erklärt Michael Lala, Geschäftsleiter der SBG Events, dem Veranstalter von „School on Snow“. „Das Ziel ist, durch die gemeinsame Freude das Erlebnis Skisport nachhaltig zu steigern“, so Lala. Den Ansatz der Komplettorganisation verfolgen auch einige Verkehrsunternehmen. „ÖBB S’COOL“, das Wintersportwochen- Programm der Österreichischen Bundesbahnen, findet 2018 in Kärnten statt. Für Nicht-Skifahrer und Snowboarder ist ein umfangreiches Alternativprogramm geplant. Auch Blaguss bietet mit „ski4school“ All-inclusive-Schulskitage sowie Wintersportwochen an. Die Schultz-Gruppe wiederum bringt jährlich 60.000 Schüler von Deutschland nach Österreich.

SCHÜLER ALS GÄSTE

„Je größer, desto besser“, heißt es bei vielen Urlaubern, wenn es um die Auswahl eines Skigebiets geht. Schulen haben andere Kriterien: Worauf es ankommt, sind passende Unterkünfte und die Tauglichkeit des Skigebiets für Anfänger. „Das Quartier muss leistbar, für unsere Anfänger geeignet und wenn möglich in Pistennähe sein. Im Idealfall verfügt es über eine zusätzliche Sporthalle und die Möglichkeit der Vollpension“, erklärt Lorenz Nickl, Lehrer an der HTL Ottakring und selbst begeisterter Wintersportler. Einige Unterkünfte, etwa die JUFA Hotels, schätzen die Schüler als wichtiges Zielpublikum. Sie unterstützen die Pädagogen beispielsweise mit einer eigenen Serviceeinrichtung für Projekt- und Wintersportwochen. Die Schulen seien preissensibel und benötigten attraktive Angebote, seien aber auch abseits der Hauptsaison eine lohnende Zielgruppe, erzählt Gerhard Wendl, Vorstandsvorsitzender der JUFA Hotels.

SCHULEN MIT EIGENINITIATIVE

Eine große Barriere für Schulen bleibt weiterhin eine gesetzliche Regelung aus dem Jahr 1995. Wintersportwochen können demnach nur dann stattfinden, wenn zumindest 70 Prozent einer Klasse daran teilnehmen wollen – eine Grenze, die oft nicht überschritten werden kann. Deshalb setzen auch die Bildungsstätten Initiativen, um ihren Schülern Wintersportwochen zu ermöglichen. Eine davon ist das Pilotprojekt „Wintersportklasse“ der HTL Ottakring. Ziel sei es, jene Kinder, die ein wirklich großes Interesse an Wintersportwochen haben, in einer Klasse zu bündeln. Dadurch sollten ihnen Wintersportwochen und unverbindliche Übungen zum Thema Wintersport einfacher ermöglicht werden, erläutert Nickl. Über die Zukunftspläne sagt Wolf, Geschäftsführer des Fachverbands der Seilbahnen: „Eine Wintersportwoche steht und fällt mit den betreuenden Lehrkräften. Für diese wollen wir in Zukunft noch bessere Rahmenbedingungen vor allem in Bezug auf Administration, Bürokratie und Haftung schaffen.“

Entsprechend positiv wurden in der Tourismusbranche auch die Passagen zum Wintersport im Regierungsprogramm aufgenommen. Auch wenn die Schulskikurse seit einer Änderung der Schulveranstaltungsordnung 1990 als Wintersportwochen bezeichnet werden: Das Skifahren ist weiterhin die zentrale Aktivität. Alternativen wie Schneeschuhwandern, Langlauf und Rodeln würden zwar gerne angeboten, der Fokus von Wintersportwochen liege aber weiterhin auf Skifahren, sind sich Cerny und Wolf einig. Auch für den HTL-Lehrer Nickl steht das Skifahren im Mittelpunkt: „Es ist für mich eine Art Lebensgefühl, das Schülern vermittelt werden muss. Viele bleiben anschließend nicht nur dem Sport, sondern auch dem Gebiet treu“, so seine Erfahrung.