Der Konkurrenz trotzen

Der Konkurrenz trotzen

Österreich hat sich in den letzten Jahren einen hervorragenden Platz auf der Reiseagenda der Schweizer erobert. Um diese Position zu halten, sind nun verstärkte Anstrengungen gefragt.

Die Gästezahlen aus der Schweiz erlebten in den letzten Jahren einen wahren Boom: In der Zeit von 2000 bis 2016 stieg die Anzahl der Nächtigungen aus der Schweiz laut Statistik Austria um 75,6 Prozent von knapp drei auf fünf Mio. Auch in den Jahren 2015 und 2016 waren die Zuwachsraten trotz hohem Niveau mit 5,8 Prozent bei den Ankünften und 3,4 Prozent bei den Nächtigungen beachtlich. Mit ein Grund dafür war der plötzlich veränderte Wechselkurs im Jahr 2015 – der sogenannte Frankenschock: Der Franken verteuerte sich gegenüber dem Euro auf einen Schlag um fast 20 Prozent und das Reisen im gesamten EU-Raum wurde für die Schweizer deutlich günstiger. Zugleich wichen viele internationale Gäste aufgrund des hohen Preisniveaus der Schweiz auf andere Destinationen aus. Wie auch andere Nachbarländer konnte Österreich stark von dieser Entwicklung profitieren und neue Gäste ansprechen.

SCHWEIZER TOURISMUS IM AUFWIND

2017 erstarkte der Euro und die Schweiz wurde für ausländische Gäste wieder günstiger, der Währungsvorteil für die heimischen Feriengäste im Euroraum sank im gleichen Ausmaß. Das bekam auch Österreich zu spüren. Von Jänner bis Oktober 2017 verzeichnete die Statistik Austria bei den Ankünften aus der Schweiz mit 0,3 Prozent ein leichtes Plus, bei den Nächtigungen ein Minus von 0,6 Prozent. Hauptkonkurrent ist die Schweiz, die wieder dazugewinnt. Schweiz Tourismus verstärkt diesen Trend nach einem erfolgreichen Sommer mit einer groß angelegten Winterkampagne. Im Fokus: Angebote für Ski-Neulinge, Skikurse mit Erfolgsgarantie und Schneeerlebnisse. Mit über 1.100 Marketingaktivitäten in 22 Märkten sollen 2,2 Mrd. Medienkontakte und 1,2 Mrd. Marketingkontakte erreicht werden. Auch in den Skigebieten wurden viele Investitionen getätigt, die Seilbahnen überbieten sich zurzeit mit attraktiven Preisangeboten. So verbringen auch die Schweizer, die traditionell begeisterte Heimaturlauber sind, ihre Ferien wieder häufiger im Inland.

POTENZIAL NUTZEN

Um konkurrenzfähig zu bleiben, sind Österreichs Hoteliers, Touristiker, Bergbahnen und Skigebiete gefordert, mit neuen Ideen nachzuziehen. Österreich muss als Dachmarke präsent bleiben, denn besonders in der ersten Entscheidungsphase steht Österreich im Wettbewerb mit der Schweiz. Und es lohnt sich, die Schweizer zu umwerben: Laut ÖW-Länderstudie sind 33 Prozent der Schweizer Auslandsreisenden österreichaffin. Dies entspricht einem Potenzial von zwei Mio. Personen: 1,1 Mio. Österreich-Affine interessieren sich für Sommerurlaub, 800.000 für Winterurlaub.

REISEFREUDIGE SCHWEIZER

Die Schweizer sind äußerst reisefreudig. Laut der aktuellen Studie „Reisen der Schweizer Wohnbevölkerung 2016“ des Schweizer Bundesamts für Statistik unternahmen 90,6 Prozent der Bevölkerung ab sechs Jahren im Jahr 2016 mindestens eine Reise mit einer oder mehreren auswärtigen Übernachtungen. Pro Person waren es im Schnitt 3,0 Reisen. Insgesamt wurden 22,4 Mio. Reisen mit Übernachtung registriert. Davon blieben 33 Prozent in der Schweiz, 67 Prozent gingen ins Ausland. 38 Prozent der Reisen (ca. 8,5 Mio.) führten in die Nachbarländer. Die gefragtesten Destinationen im Ausland waren Deutschland, Italien, Frankreich, Spanien und Österreich. 68 Prozent der Auslandsreisen umfassten vier oder mehr Übernachtungen.

AKTIV SEIN UND GENIESSEN

Die Schweizer schätzen Österreich als sympathisches, gemütliches und gastfreundliches Nachbarland. Sie genießen die hochwertige Kulinarik, die schöne Landschaft, die sehenswerten Städte und das hohe Qualitätsniveau bei den Unterkünften. Im Sommer kann Österreich mit seiner Landschaft, den Bergen und der Gastfreundschaft punkten, im Winter sind neben der alpinen Natur das Wintersportangebot und die Attraktivität der Skigebiete entscheidend. Den Urlaub verbringen die Schweizer gerne aktiv, etwa beim Wandern, Schwimmen, Skifahren oder Spazierengehen. Daneben spielt das Genießen regionaler Kulinarik eine wichtige Rolle. Die beliebtesten Urlaubsarten sind im Sommer Wander- und Erholungsurlaube sowie Urlaub in der Natur, im Winter Ski- bzw. Snowboardurlaub und Winterurlaub im Schnee. Neben Serfaus-Fiss-Ladis, dem gefragtesten Winterziel der Schweizer in Österreich, zählen das Montafon und Seefeld zu den beliebtesten Destinationen. Auch Wien ist unter den Top- 3-Destinationen zu finden: Im Winter liegt die Bundeshauptstadt auf Platz drei, im Sommer auf Platz zwei. Tirol verzeichnete über das ganze Jahr 2016 betrachtet mehr als die Hälfte der Nächtigungen (55,5 %). In der Unterkunftswahl sind die Schweizer anspruchsvoll und leisten sich gerne etwas: Knapp 60 Prozent nächtigen in 4- bzw. 5-Sterne- Häusern, 16 Prozent in 3-Sterne-Häusern und 13 Prozent in Ferienwohnungen.

AUF SCHIENE BRINGEN

Österreich ist aus der Schweiz nicht nur mit dem Auto hervorragend zu erreichen. Zwar reisen 78 Prozent der Schweizer Gäste mit dem Pkw an, doch auch das Flugzeug (9 %) und die Bahn (7 %) spielen eine Rolle. Eine große Herausforderung besteht darin, die Reiseströme an den beliebtesten Reisetagen zu entzerren, etwa bei der Anreise in die Skigebiete an Samstagen. Die ÖW Schweiz kooperiert mit den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB), um die Bahn als Verkehrsmittel noch attraktiver zu machen. So soll es gelingen, den traditionell sehr bahnbegeisterten Schweizern auch den Komfort einer Bahnreise ins Ausland zu vermitteln. Ab Zürich gibt es derzeit alle zwei Stunden eine Bahnverbindung nach Österreich.

POTENZIAL BEI KURZREISEN

Die Entscheidung für den Urlaubsort trifft ein Drittel der Schweizer Urlauber innerhalb von vier Wochen vor Reiseantritt, 28 Prozent wählen ihr Urlaubsziel mehr als vier Monate im Voraus. Der Trend geht weiterhin zu Kurzreisen und kurzfristigen Buchungen: Derzeit planen 1,5 Mio. Schweizer eine Kurzreise. Eine Mio. Schweizer machen fünf Kurzreisen pro Jahr, die österreichaffine Zielgruppe im Durchschnitt 4,4 Reisen mit einer Dauer von zwei bis vier Tagen. Inspirierende Ideen sind gefragt, um dieses Potenzial zu nutzen.

VIELSEITIGE MARKTBEARBEITUNG

Österreich präsentiert sich im Sommer als Land für aktive Natur- und Erholungsferien. Dabei stellt die ÖW Schweiz die aktive Bewegung in attraktiver Landschaft, kombiniert mit hohem Wohlfühlfaktor, in den Vordergrund. Im Winter steigert Österreich seine Präferenz als Destination, die sich durch eine entspannte Atmosphäre auszeichnet und dabei Skifahren auf modernsten Anlagen und Schneesport in vielen Varianten ermöglicht. Im Fokus stehen die sportlichen und die gemütlichen Facetten des Urlaubslands, die gute Infrastruktur im Skigebiet und die Qualität der Unterkünfte. Und mit Angeboten wie Städte-Trips, Kulturerlebnissen in Stadt und Land, Wellness-, Genuss- sowie Aktivferien erhöht Österreich seine Relevanz als Destination für Kurzreisen, die einen Kontrapunkt zum Alltag bilden. Familien sind mit ca. 30 Prozent Anteil am Gästeaufkommen und aufgrund der entzerrten Schulferienordnung als Zielgruppe – auch für die Zukunft – äußerst bedeutsam. Sie werden über spezifische Kanäle angesprochen.

IMAGE AUFFRISCHEN

Eine wichtige Aufgabe bei der Marktbearbeitung ist es, die Marke Urlaub in Österreich ständig neu aufzuladen. Im Rahmen der Sehnsuchtskampagne „Die Kunst des Entdeckens“, die 2018 auf dem Schweizer Markt umgesetzt wird, soll die Zielgruppe mit überraschenden Elementen begeistert werden. Neue, moderne und außergewöhnliche Kulturleistungen sowie visionäre Gastgeber und ihre Produkte sollen in der Schweiz bekannter gemacht werden. Die Österreich Werbung plant im Rahmen dieser Kampagne u. a. eine umfassende Zusammenarbeit mit der internationalen Designmesse „Blickfang“. Außerdem setzt die ÖW Schweiz auf Content-Kooperationen: Online arbeitet die ÖW beispielsweise mit den Portalen www.bluewin.ch und bellevue.nzz.ch zusammen und präsentiert starke, inspirierende Inhalte, die Lust auf einen Urlaub in Österreich machen.